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Gustav Klimt, Schreitende,
1906/07, Bleistift auf Papier, 55.8
x 34.5 cm |
www.die-galerie.com
Mit ihrer umfassenden Gruppenausstellung
Figurative Kunst aus Österreich
zeigt DIE GALERIE anhand ausgewählter
Vertreter der figurativen Kunst des 20. und
21. Jahrhunderts die wesentlichen Bewegungen
einer höchst widersprüchlichen und
ambivalenten Epoche auf, die geprägt ist von
militärischen, politischen und medialen
Umbrüchen. In der Kunstszene steht eine
zunehmend internationale Vernetzung der
fortwährenden Entstehung nationaler
Gruppierungen und Strömungen gegenüber.
Stärker als in Deutschland oder Frankreich
bewahrt sich in Österreich die figurative
Kunst, um später auch auf internationaler
Ebene neue Impulse zu geben. Schnell wird
bei der Beschäftigung mit der
Kunstgeschichte des Landes deutlich, dass
die österreichischen Künstler zwar von den
großen weltweiten Tendenzen nicht unberührt
bleiben, sich ihre Kunst jedoch über das
gesamte Jahrhundert hindurch immer auch ein
spezifisches Gepräge bewahrt. Exemplarisch
und schlaglichtartig werden anhand von 15
Künstlern unterschiedlicher Generationen die
wesentlichen Bewegungen und Ausprägungen der
figürlichen Malerei und Bildhauerei in
Österreich seit dem beginnenden 20.
Jahrhundert dargestellt. Mit Werken von
Gustav Klimt, Oskar Kokoschka,
Alfred Kubin und Herbert Boeckl
zieht die Ausstellung eine Linie von diesen
wegweisenden Vertretern der Sezession
und des Expressionismus, über die
Wiener Schule des Phantastischen Realismus,
vertreten durch Rudolf Hausner,
Friedensreich Hundertwasser und Arik
Brauer sowie ganz individuelle Tendenzen
wie bei Alfred Hrdlicka oder Karl
Korab entwickelt, bis zu reizvollen
zeitgenössischen Positionen mit Künstlern
wie Christian Ludwig Attersee,
Heinz Stangl, Siegfried Anzinger,
Eva Wagner, Sasa Makarova und
Martin C. Herbst.
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Oskar
Kokoschka
Philodendron 1959
Aquarell auf Papier 63,2 x
47,8 cm
Signiert unten rechts, datiert |
Wien zeigt sich zu Beginn des 20.
Jahrhunderts als avantgardistische, weltweit
beachtete Metropole in allen künstlerischen
Bereichen. So startet die Ausstellung in DIE
GALERIE mit exquisiten Handzeichnungen des
Wieners
Gustav Klimt
(1862-1918) nicht zuletzt wegen seines
anhaltenden Einflusses auch über die Wiener
Phantasten hinaus. Die malerische Technik,
die alle Vertreter des österreichischen
Expressionismus eint, ist besonders ein
freier, von der Beschreibung des
Gegenstandes gelöster Pinselduktus, eine
gestische Handschrift, die die Farbe in
pastosem Auftrag auf die Leinwand bannt. Die
Farbe wird zum raumschaffenden Element, zur
Basis jeglicher Komposition im Bild, bei
Oskar Kokoschka (1886-1980) besonders
deutlich. Seine Porträts, Stillleben,
Landschafts- und Städtebilder, sind von
einer leidenschaftlichen Unruhe geprägt, die
sich auch in der verschlungenen
Linienführung und dem pastosen Farbauftrag
seiner Bilder widerspiegelt. Als einer der
bedeutendsten Vertreter des Expressionismus,
dessen Oeuvre im Dritten Reich als
„entartetet“ galt, arbeitet er mit den
namhaftesten Künstlern seiner Zeit zusammen.
Seine sensiblen Darstellungen junger
Mädchenakte mit ihren gleichzeitigen Spuren
wilder Impulse und absichtlicher
Hässlichkeit lassen ihn als eine kraftvolle
und ungestüme Künstlerpersönlichkeit
erkennen.
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Herbert Boeckl, Liebespaar,
1920, Kohlezeichnung auf Papier, 36
x 48,5cm |
Ein stark expressiver Stil mit packender
psychologischer Ausdruckskraft
charakterisiert auch in besonderem Maße das
Frühwerk des in Klagenfurt geborenen
Herbert Boeckl (1894-1966). Er zählt zu
den wichtigsten Künstlern der
österreichischen Moderne. Über den langen
Zeitraum von fünf Jahrzehnten schafft er
Kunst auf hohem Niveau, in den Jahren 1950
und 1964 vertritt er sein Land auf der
Biennale in Venedig. Sein Oeuvre lässt sich
deutlich in mehrere Phasen unterscheiden,
dem expressionistischen Frühwerk folgt eine
intensive Auseinandersetzung mit dem
Realismusbegriff, die sich vor allem in
seinen Historien-, Landschafts- und
religiösen Tafelbildern widerspiegelt; nach
1945 nähert er sich zunehmend der
Gegenstandslosigkeit an ohne jemals ganz der
Abstraktion zu verfallen. Das vereinende
Element in der Kunst Herbert Boeckls
bleibt das Ideal einer zutiefst
ausdruckstarken figurativen Kunst. Das
Gemälde Leichnam eines Jünglings
von 1931 markiert nicht nur einen packenden
und verstörenden Höhepunkt in der
Ausstellung von DIE GALERIE, sondern zählt
zu den Hauptwerken der Strömung, da es mit
größter emotionaler Dichte die menschliche
Seele auslotet und dabei auch die Krisen und
Spannungen der Zeit reflektiert.
Alfred Kubin
(1877-1959) trägt maßgeblich zur Entwicklung
der expressionistischen Bewegung bei. 1909
gründet er unter anderem mit
Wassily Kandinsky,
Alexej von Jawlensky
und
Gabriele Münter
die
Neue Künstlervereinigung München,
1911 umbenannt in die Gruppe des
Blauen Reiters,
an deren erster Ausstellung sich Kubin
ebenfalls beteiligt. Seine Darstellung
phantastischer Traumvisionen, die
charakterisiert sind von einer auffällig
nervösen zeichnerischen Strichführung, rückt
ihn bisweilen in die Nähe des Surrealismus.
Die Entstehung und internationale
Ausbreitung des Surrealismus, ausgehend von
den Kunstzentren Frankreich und Deutschland
zu Beginn der 1920er Jahre, hinterlässt auch
in Österreich seine nachhaltigen Spuren: In
den 1950er Jahren entsteht mit der Wiener
Schule des Phantastischen Realismus eine
Strömung, die – nicht abstrahierend oder
abstrakt – dem
Surrealismus
nahesteht und sich an der technischen
Perfektion der
Alten Meister
orientiert. Die
Motive sind phantastisch-unwirkliche
Kreationen, manchmal mit schockierenden,
apokalyptischen Inhalten, oft Traumvisionen,
Mythen oder okkulte Lehren. Mit der ersten
gemeinsamen Ausstellung im Wiener Belvedere
1959, der bald weitere Ausstellungen auch im
Ausland folgen, erzielt die Wiener Schule
des Phantastischen Realismus ihren
Durchbruch und erlangt internationale
Bedeutung.
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Arik
Brauer, Zurück vom Mond,
ohne Jahr, Öl auf
Hartfaserplatte, Triptychon,
Mitteltafel 100 x 80 cm,
Seitentafeln je 80 x 50 cm
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Zum Kern der Gruppe gehören unter anderen
die Künstler Arik Brauer (*1929) und
Rudolf Hausner (1914-1995), deren
surrealistisch anmutenden, technisch
minutiös ausgeführten Bilder in traum- und
märchenhafter Atmosphäre zahlreiche Schüler
und Nachahmer finden.
In das weitere Umfeld der Bewegung der
Wiener Schule des Phantastischen Realismus
lässt sich auch der in Wien geborene Maler,
Architekt, Philosoph und Weltverbesserer
Friedensreich Hundertwasser (1928-2000)
eingliedern, ein Universalgenie, das in
jedem seiner Gattungen eine individuelle,
unverkennbare Sprache findet, eigenwillig
und konsequent, mahnend, Beispiel gebend und
neue Wege aufzeigend. Über sein
umweltpolitisches und ökologisches
Engagement hinaus versteht sich
Hundertwasser zeitlebens als Künstler
mit einem hohen Maß an eine Ästhetik, die
nachvollziehbar im historischen,
österreichischen Kontext steht.
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Karl
Korab, Dächer II, 2005, Collage
auf Papier, 30 x 30cm |
Karl Korab
(*1937), geboren in Falkenstein,
Niederösterreich, findet seine Inspiration
zunächst in der Bewegung der Wiener
Phantasten. Gemeinsam mit diesen stellt er
1960 in Wien aus. Das charakteristische
seiner Kunst ist bis heute die fortwährende
Beschäftigung mit den Genres Landschaft und
Stillleben; als Meister der Technik der
Collage und der Assemblage fügt er Papiere
mit unterschiedlichen Strukturen, wie
Zeitungsstücke und Packpapier, zusammen,
oder er appliziert objets trouvés in
seine Bilder.
Auch Heinz Stangl (1942-2008) begann
seine künstlerische Karriere im Umfeld der
„Wiener Phantasten“, fand aber sehr schnell
zu einem ganz eigenen Stil. Das
Figurenarsenal in seinen Alltagsszenen ist
in skurrilen Posen bewegt, aber nur
scheinbar chaotisch, denn durch alle Bilder
zieht sich ein feines kompositorisches
Gefüge.
Im Laufe der 1960er Jahre kommt es auch in
Österreich zu einer verstärkten Rezeption
des Figürlichen als Antwort auf die
Vorherrschaft einer abstrakten, informellen
Malerei. Den großen Durchbruch verschaffte
dazu 1969 die Ausstellung „Figur“, an der
auch der in Wien geborene Bildhauer,
Zeichner, Maler, Graphiker und
Schriftsteller Alfred Hrdlicka
(1928-2009) teilnimmt. Hrdlickas
Werke, überwiegend skulpturale Arbeiten,
zeichnen sich durch einen
figurativ-expressiven Stil aus, der bewusst
auf jegliche Art ungegenständlicher
Bildsprache verzichtet. Seine Themen sind
dabei vor allem politisch motiviert, die
Sujets kreisen um die Unterdrückung
des kleinen Mannes, Macht und Ohnmacht in
der Geschichte, Krieg, Gewalt, Faschismus:
Missstände der Gesellschaft.
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Siegfried
Anzinger, Meerkatzen, 2006,
Leimfarbe auf Leinwand, 140 x 120 cm |
Die 1980er Jahre werden in der
österreichischen Kunstgeschichte auch als
Jahrzehnt der Malerei bezeichnet.
In diesem Kontext etabliert sich eine Gruppe
junger Maler, die unter dem Namen „Neue
Wilde“ zum Synonym für die wieder stärker
aufkommende figurative, gestische,
expressive Malerei wird. Der in Weyer,
Oberösterreich, geborene Maler Siegfried
Anzinger (*1953) gehört zu den
Hauptvertretern der Gruppierung. Seine
Bilder vereinen in ihrer narrativen
Konzeption und dem expressiven Gestus alle
Charakteristika der „Neuen Malerei“,
zugleich zeichnen sich seine Werke durch
eine subtile Ironie und Leichtigkeit aus.
Seit 1997 ist Anzinger Professor an
der Kunstakademie in Düsseldorf, 2003 wird
ihm der Große Österreichische Staatspreis
für Bildende Kunst verliehen.
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Christian Ludwig Attersee,
Das rote und das blaue Meer, 2009,
Mischtechnik auf Karton, 63 x 44 cm |
Eine wichtige Position innerhalb der
Entwicklung der figurativen Malerei in
Österreich nimmt auch der Maler,
Bühnenbildner, Musiker und Schriftsteller
Christian Ludwig Attersee (*1940) ein,
der sich in den 1960er Jahren vor allem als
Vertreter der Pop Art etabliert und dessen
Kunst sich durch einen figural-symbolischen
Stil in leuchtenden Farben und einen
dynamischen Pinselstrich auszeichnet.
Sasa Markarova
(*1966) tritt mit Selbstbewusstsein das Erbe
der Expressionisten ein und verhehlt
keineswegs des Einfluss von Matisse und den
Neuen Wilden auf ihre Arbeit.
Sinnlich-expressiv mit starker, gleichwohl
ausgewogener Farbigkeit ziehen ihre
typisierten Frauenportraits die Blicke auf
sich, die Register, die sie virtuos aus der
Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zieht,
nutzt sie für ein neues starkes und stolzes
Frauenbild ihrer Generation.
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Eva Wagner,
Am Wasser II, 2010, Gouache, Acryl
und Kreide auf Leinwand, 40 x 60cm |
Ähnlich wie die „Neuen Wilden“ zu Beginn der
1980er Jahre, scheint auch die Generation
der zwischen 1960 und 1975 in Österreich
geborenen Künstler die Malerei wieder
verstärkt als zeitgemäßes und brauchbares
Ausdrucksmittel ihrer Inhalte für sich
entdeckt zu haben. Die in Salzburg geborene
Künstlerin Eva Wagner (*1967) ebenso
wie der in Salzburg lebende und arbeitende
Martin C. Herbst (*1965) verwenden –
kennzeichnend für den neuen Realismus in der
Kunst – die Fotografie als Ausgangspunkt
ihrer Malerei, mit völlig unterschiedlichen
Ergebnissen. Während Eva Wagner mit dem
Medium der Fotografie Szenen der Alltagswelt
festhält, beschäftigt sich Martin C. Herbst
mit dem historischen und gegenwärtigen
Portrait in ganz eigener Technik.
www.die-galerie.com
Ausstellung:
Figurative Kunst aus Österreich
Ausstellungsdauer:
26. Januar 2011 – 26. März 2011
Adresse:
DIE GALERIE
Grüneburgweg 123
D – 60323 Frankfurt am Main
www.die-galerie.com
Öffnungszeiten:
MO – FR 9 – 18 Uhr, SA 10 – 14 Uhr und nach
Vereinbarung
Für weitere Informationen und Materialien
kontaktieren Sie bitte DIE GALERIE, Frau
Anne Gichtbrock,
per E-Mail an
info@die-galerie.com
oder telefonisch unter +49-(0)69-971-471-0.