M8 in China - moderne chinesische Architektur anläßlich der Frankfurter Buchmesse im Architekturmuseum

bis 1. November 2009

 

Die Ausstellung im DAM präsentiert 24 Projekte aus 8 Büros und will damit verstärkt einer Hausform entgegenkommen, die sich an der Frage der Individualität auch in China orientiert.

Foto: Maass

 

Modellentwurf Atelier Z+

Die Frankfurter Buchmesse hat Gastland China eingeladen in diesem Jahr. Aus diesem Anlaß wurde die Ausstellung im Architekturmuseum vorbereitet, die ausschließlich das moderne China beschreiben soll. Nicht anonyme Trabantenstädte, die wie Pilze aus dem Boden schießen und das Architekturbild verändert haben, nicht immer zum Vorteil des Menschen. Obwohl es heißt, chinesische Architektur sei die dynamischste der Welt. Festzustellen daran, daß in China allein 41 "supertall towers" mit einer Höhe über 300 Meter in Bau sind.

Die aktuelle Ausstellung will verstärkt humane Architektur aus China vorstellen, die sich daran orientiert, wie am besten das eigene Haus bauen und eine siedlungsorientierte Infrastruktur gleich mit verbessern. Insofern stellt das, was im DAM zu sehen ist eine Art der Avantgarde dar. Womit nicht geklärt ist, was gebaut werden soll und was nur Entwurf bleibt. Jedenfalls geben sich die Chinesen ganz aufgeschlossen und deren Fähigkeiten etwas zu verändern sind weithin bekannt.

Solche Projekte kommen nicht ohne westlichen Einfluß aus. Viele Architekten in China haben im westlichen Ausland studiert und verfügen über westliches knowhow. Diese Einflüsse werden spürbar bei der Umsetzung. Dennoch versteht sich die Ausstellung im DAM vorrangig als landesbezogen. Die Zusammenarbeit verlief digital. Die Arbeit der Übermittlung von Text und Bildern übernahm der Jovis Verlag, der auch den Katalog zur Ausstellung herausgibt. Damit wurden vielfältige Reisekosten eingespart.
 

 

Überwiegend drei Bauformen finden sich in der Ausstellung im Architekturmuseum zu M8-China

 

1  Kassettenform
2  Haus mit Innenhof, Atrium
3  Asymetrische Bauweise, kolossal

3D-Grafik: Maass   

 

 

 

 

 

 

 

Die Ausstellung besteht zum großen Teil aus Fototafeln, die am Außengang im 3.Stock befestigt sind. Acht kleine Modellentwürfe befinden sich im mittleren Innenraum des Ausstellungsbereichs. Die Objekte haben ein Format nicht größer als 30 x 30 cm. Dies geschah deshalb, damit der Transport der Ausstellungsobjekte schnell vonstatten gehen konnte und zwar zeitgleich zur Buchmesse. Die beteiligten und angereisten Architekten hatten ihre Modelle selbst mit im Reisegepäck. Nur der Entwurfsgedanke soll bei den Ausstellungsstücken zum Vorschein kommen.

24 Projekte, die alle erst in den letzten Jahren entstanden sind. Die Beispiele stammen aus insgesamt 8 Büros, wobei jedes Büro drei der Projekte in die Ausstellung einbrachte.


Die acht Architekturbüros

Amateur Architects, Hangzhou (gegr. 1998)
WANG Shu und LU Wenyu von Amateur Architects sind von der Architekturbiennale in Venedig 2006 bekannt, wo sie mit ihrer Installation aus Tausenden wieder verwendeter Dachziegel die Szene entzückten.

 

Yaluntzangpu Bootsterminal, Tibet 2008

Die Wiederverwendung von gebrauchten Materialien, aus Abbruchhäusern in der Region, versteht sich als Kritik an der Vernichtung der alten Baukultur und will neben der Übernahme einer historischen Patina auch auf die Qualität des historischen Bestandes verweisen.


Standardarchitecture, Peking (gegr. 2002)
Bei standardarchitecture – 1999 in New York gegründet und 2001 nach Peking zurückgekehrt – wird sorgfältige Materialverwendung wie zum Beispiel von Naturstein, Backstein oder Bambus mit urbanen Beziehungen kombiniert. Damit lässt sich der Außenraum prägen, der als Bestandteil des Bauwerks gesehen wird. Die klimatischen Bedingungen und der extreme Nutzungsdruck, die nach robusten Lösungen verlangen, sind mit der Alterungsfähigkeit der Oberflächen in Balance gesetzt. Besonders die Fähranlegerstelle am Fluss Yaluntzangpu und das Namchabawa Visitor Center sind meisterhafte Projekte mit einer Verknüpfung von regionaler Detaillierung und Materialauswahl sowie skulpturaler Zurückhaltung mit aktueller Raumdisposition auf höchstem Niveau.

Jiakun Architects, Chengdu/Sichuan (gegr. 1999)
Jiakun Architects fielen auf der letzten Architekturbiennale Venedig 2008 auf, als sie mit ihren Ziegelforschungen Teil der chinesischen Präsentation im entlegenen Garten des Arsenale waren. Aus Stroh und Bruchziegeln, welche aus dem Schutt des Großen Erdbebens von Sichuan vom 12. Mai 2008 stammten, fertigten sie ein neues Ziegelprodukt, das nicht nur vom Preis her vorteilhaft ist, sondern durch die eingewirkten Strohfasern genügend Zugfestigkeit für das Bauen in Erdbebengebieten bietet.
 
TM Studio, Shanghai (gegr. 2000)
TONG Ming ist eher ein Einzelgänger der neben seiner Stelle als Professor an der Shanghaier Tongji University kleinere Projekte mit Hingabe zum Detail realisiert, wie das schmale schattendurchwirkte Tea House Suquan Yuan in Suzhou, das als Auftakt einer noch zu entwickelnden Siedlung auf sich aufmerksam machen soll. Der Begriff Tea House weist in China meist darauf hin, dass ein Bauwerk ohne konkretes Raumprogramm geplant werden muss.
In TONG Mings Bauten sind durch die raffinierte Verwendung von lokalen Materialien in Kombination mit zeitgenössischen Nutzungskonzepten sowohl historische Erscheinungsbilder reflektiert wie auch dem heutigen Bedürfnis der Bewohner nach Identität durch eine transformierte chinesische Formenwelt Rechnung getragen. Der sensible Umgang mit Proportion und Maßstab fügt seine Bauten selbstverständlich in vorhandene Strukturen.
 
Atelier Z+, Shanghai (gegr. 2002)
ZHANG Bin und seiner Partnerin ZHOU Wei vom Atelier Z+ konnten vor allem mit den Aufträgen für neue Gebäude an der Tongji-Universität auf sich aufmerksam machen. Die gepressten Glaspaneele im Innen- wie im Außenbereich des Architekturgebäudes sowie Cortenstahl als Material für die Außenhaut und Holz in Kombination mit schwarzem Stahl für die Innenräume des Sino-French-Center verweisen auf die Suche nach haptischen Erfahrungen in der Architektur. Die plastische Gestaltung der Baukörper in Verbindung mit der Materialität der Oberfläche schafft räumliche Qualitäten, die auf die Funktion und Nutzung abgestimmt sind.
 

 

Modellentwurf  MADA s.p.a.m.

MADA s.p.a.m., Shanghai (gegr. 1996)
Der im Westen bekannteste Architekt innerhalb dieser Gruppe, MA Qingyun (Ausbildung an der University of Pennsylvania), pendelt beruflich zwischen Ost und West, da er als Dean den Architekturfachbereich der University of Southern California in Los Angeles leitet, nach Jahren als Gastprofessor weltweit. Die Arbeiten seines Shanghaier Büros MADA s.p.a.m. verblüffen immer wieder durch stilsichere Vielfältigkeit. Ma versucht die Geschwindigkeit im Bauprozess als Chance zu begreifen und aus den vielen Beschränkungen vor Ort eine möglichst große Freiheit zu gewinnen.

 

Modellentwurf, Ma. Qingyun, MADA s.p.a.m, 2007


 

 

 

Studio Pei-Zhu, Beijing (gegr. 2005)
ZHU Pei brachte mit seinem 1999 in den USA gegründeten Büro urbanus bereits früh neue Impulse in seine Heimat. 2005 gründete er mit TONG Wu das Studio Pei-Zhu in Beijing. Mit ihren metropolitanen Umbauten, wie das Pekinger Blur Hotel mit einer dichten Matrix an Räumen hinter transluzenten Fassaden oder das Studio für den Künstler CAI Guoqiang, ist das Büro nicht nur national erfolgreich.
 
DnA_Design and Architecture, Peking (gegr. 2004)
Das einzige allein von einer Frau geleitete Büro ist das erst 2004 gegründete DnA_Design and Architecture in Peking. XU Tiantian, die in Harvard ausgebildet ist, hat als eines ihrer ersten Projekte eine topografische Studie in der inneren Mongolei gebaut, das Ordos Art Museum. Ihr clusterartiges Wohngebilde Songzhuang Artists‘ Residence ist ebenso räumlich komplex gedacht und wird gerade bezogen.
 
Die Ausstellung ist in Kooperation mit  General Administration of Press and Publication of the People's Republic of China, China National Publications Import & Export (Group) Corporation  und Liaoning Science and Technology Publishing Houses Co. Ltd. entstanden.

Zur Ausstellung ist ein 160seitiger Katalog, zweisprachig: englisch - deutsch erschienen: Contemporary Chinese Architects - Zeitgenössische Chinesische Architekten, herausgegeben von Peter Cachola Schmal, Direktor des Museums und ZHI Wenjun, Chefredakteur der Zeitschrift Time + Architecture, Shanghai. Im Katalog sind auch Fotografien abgebildet, die in der Ausstellung nicht vorkommen. Die Modelle sind nicht dabei, dafür wurden zahlreiche Grundrisse und Schnittzeichnungen den Fotografien im Buch zur besseren Übersicht angefügt.
 

Contemporary Chinese Architects - Zeitgenössische Chinesische Architekten
Herausgegeben von Peter Cachola Schmal und ZHI Wenjun
Jovis Verlag
1. Auflage (August 2009)
160 Seiten, gebundene Ausgabe
Sprache: Deutsch, Englisch
Größe: 30,2 x 21,4 x 2 cm
Gewicht: 1075g
ISBN-10: 3868590250
ISBN-13: 978-3868590258

 

Titelseite

vom  05. September 2009