18. Mai - 05. Oktober 2025 in Bad Homburg

Blickachsen 14 verspricht ein vielseitiges Kunsterlebnis im Freien

Mehrere Hundert Kunstinteressierte feierten am vergangenen Sonntag, 18. Mai 2025, auf dem Schmuckplatz im Bad Homburger Kurpark die Eröffnung der vierzehnten Blickachsen. Die aktuelle Ausgabe der Skulpturenbiennale zeigt zeitgenössische Skulpturen und Installationen internationaler Kunstschaffender im Kurpark, im Schlosspark und – erstmals bei den Blickachsen – auch im Gustavsgarten in Bad Homburg. Bis zum 5. Oktober 2025 lädt die Ausstellung zu spannenden Kunstspaziergängen in den weiträumigen historischen Parks Bad Homburgs ein.

Zahlreiche Gäste aus Kultur, Gesellschaft und Politik folgten der Einladung zum öffentlichen Auftakt des diesjährigen Blickachsen-Sommers. Unter ihnen waren der Hessische Ministerpräsident a. D. Roland Koch und Sir Peter Murray, Gründungsdirektor des Yorkshire Sculpture Park, der aus England angereist war.

 

Sljp of Tongue, Foto (c) Kulturexpress

 

In Zusammenarbeit mit dem Sprengel Museum Hannover sind die rätselhaften „Astronauts“ von Paweł Althamer oder die Arbeit von David Horvitz zu verstehen, der alle Krähen in Bad Homburg zu lebenden Skulpturen erklärt. Auf dem Ausstellungsareal am Schloss ist Joscha Benders übergroßer steinerner Löwenzahn („Unkraut vergeht nicht“) zu bestaunen. Julius von Bismarcks monumentales und vieldeutiges Reiterstandbild „Beetle on A Horse“ im Oberen Schlosshof, das einen Borkenkäfer in Rüstung auf dem Pferderücken zeigt. Monica Bonvicinis „Tree of Anger“ und Kasia Fudakowskis „Climate Changing Room“ regen zum Innehalten an. Wer die ganze Ausstellung an einem Tag erleben will, sollte zum Gustavsgarten gehen, um die dort installierten Arbeiten von Richard Deacon zu entdecken. Insgesamt vereinen die vierzehnten Blickachsen 35 Werke von 26 Künstlerinnen und Künstlern aus acht Ländern:

Paweł Althamer (Polen) *1967 in Warschau, Joscha Bender (Deutschland) *1991 in Darmstadt, Alexandra Bircken (Deutschland) *1967 in Köln, Julius von Bismarck (Deutschland) *1983 in Breisach am Rhein, Monica Bonvicini (Italien) *1965 in Venedig, Martin Boyce (Großbritannien) *1967 in Hamilton, Schottland, Richard Deacon (Großbritannien) *1949 in Bangor, Wales, Simone Fattal (Libanon / USA) *1942 in Damaskus, Syrien, Kasia Fudakowski (Großbritannien) *1985 in London, Asta Gröting (Deutschland) *1961 in Herford, Georg Herold (Deutschland) *1947 in Jena, Olaf Holzapfel (Deutschland) *1967 in Dresden, Judith Hopf (Deutschland) *1969 in Karlsruhe, Franka Hörnschemeyer (Deutschland) *1958 in Osnabrück, David Horvitz (USA) *in Kalifornien, Elizabeth Jaeger (USA) *1988 in San Francisco, Kalifornien, Hans Josephsohn (Schweiz) *1920 in Königsberg (heute Kaliningrad), †2012 in Zürich, Gary Kuehn (USA) *1939 in Plainfield, New Jersey, Maria Loboda (Polen) *1979 in Krakau, Christiane Möbus (Deutschland) *1947 in Celle, Thea Moeller (Deutschland) *1985 in Hannover, Manfred Pernice (Deutschland) *1963 in Hildesheim, Thomas Schütte (Deutschland) *1954 in Oldenburg, Grace Schwindt (Deutschland) *1979 in Offenbach am Main, Manolo Valdés (Spanien) *1942 in Valencia, Georg-Friedrich Wolf (Deutschland) *1962 in Freiburg im Breisgau
 

   
     

Der Bad Homburger Kurpark, Mitte des 19. Jahrhunderts von Peter Joseph Lenné entworfen, ist auf über 40 Hektar Fläche eine der größten und schönsten Kurparkanlagen Deutschlands – und zugleich der einzige Park, in dem Lennés Gestaltungsideen unverändert sichtbar sind. Die historische Anlage im Stil eines naturnahen englischen Landschaftsgartens ist zudem ein lebendiger Ort des gesellschaftlichen Lebens.

Und auch der über Jahrhunderte gestaltete Schlosspark Bad Homburgs gilt als herausragendes Gartenkunstwerk. Seine Lust-, Landschafts- und Nutzgärten verschiedener Epochen verschmelzen – zusammen mit dem großen Schlossteich – beispielhaft zu einer auch topografisch abwechslungsreichen Einheit.

Erstmals bei den Blickachsen wird in diesem Jahr der Gustavsgarten als Ausstellungsareal mit einbezogen. Hier sind auf der Grünfläche neben der Villa Wertheimber drei Skulpturen von Richard Deacon zu sehen, der auch im Kurpark vertreten sein wird. Der verträumte Gustavsgarten ist Teil des in seiner Anordnung einmaligen Gesamtkunstwerks der Landgräflichen Gartenlandschaft Bad Homburg, die sich vom Schlosspark aus entlang der Tannenwaldallee bis zum Landschaftspark Elisabethenschneise erstreckte und mit Ausnahme der an den Schlosspark angrenzenden Gärten noch heute erhalten ist.

 

 

Astronauts

 

 

   

Paweł Althamer konzentriert sich in seinen Skulpturen und Aufführungen immer auf den menschlichen Körper und seine Bedeutung in seiner Umgebung. Er verwendet partizipative Formate, um die Grenzen von Individuum und Kollektiv, Künstler und Privatperson zu verwischen, institutionelle Strukturen zu irritieren und spekulative Räume zu erschließen. Als Projektionsfläche für Gedankenspiele dient Althamer auch das Weltall, das ihn seit den 1990er-Jahren beschäftigt. Für die Installation „Astronauts“ modellierte er drei liegende Figuren, scheinbar in Raumanzügen, die durch seltsame Details wie klobige Brillen oder kuriose Ausformungen an ihren Kopfbedeckungen verfremdet sind. Bei den Anzügen handelt es sich um Kleidungsstücke aus einem Flohmarkt in Warschau, den hauptsächlich ukrainische Geflüchtete kennen. Ihre zerfurchte Struktur erinnert an die Mondoberfläche; die Körperhaltungen der Figuren zitieren Brueghels „Schlaraffenland“. Althamer verleiht somit den inneren Widersprüchen in der Figur des Astronauten Ausdruck. War er bereits bei der Documenta X selbst als „Astronaut“ durch die Kunstausstellung gegangen und hatte damit sein Außenseitertum thematisiert, setzt er hier technologiebasierten Fortschrittsglauben mit der altmeisterlichen Idylle des Lagerns im Park und der aufgeweichten Masse der Körper in ein surreales Miteinander.

 

Löwe

 

 

Das Werk von Joscha Bender lotet die Möglichkeiten der gegenständlichen Skulptur aus – mal verspielt, mal kraftvoll. Dadurch verleiht er seinen Figuren, die er häufig farbig gestaltet und direkt aus dem Steinblock herausarbeitet, eine bezaubernde Leichtigkeit. Im Kurpark stellt Bender als Teil der Blickachsen 14 einen bronzenen Löwen vor. Seine massive, muskulöse Körperform ist geduckt, wobei sowohl der Kopf als auch die linke vordere Pranke vorwärts gestreckt sind. Anders als seine Artverwandten auf öffentlichen Monumenten ist der Löwe von Joscha Bender damit nicht in einer repräsentativen Haltung gezeigt, sondern macht sich klein. Es ist unklar, ob er sich an ein Beutetier heranpirscht oder sich heimlich aus seiner angestammten Position wegstiehlt. Umso höher reckt sich dagegen der Löwenzahn in der Skulptur „Unkraut vergeht nicht”, die Bender aus hellem, blau-grünen Sandstein gehauen und leuchtend farbig gefasst hat. Das übergroße, ja beinahe monströse Gewächs scheint seinem Namensverwandten, dem „König der Tiere“, den Rang ablaufen zu wollen. Der Titel betont auch die unvorhergesehene Macht des wenig Bedachts.

 

 

   

Slip of the Tongue  

 

Der weibliche Körper ist im Werk von Alexandra Bircken von großer Bedeutung. Sie bricht Idealvorstellungen von und gesellschaftliche Ansprüche an den (Frauen-)Körper auf, indem sie ihn in seinen Einzelteilen oder durch Hüllen umschreibt. So zeigt auch „Slip of the Tongue“ ein isoliertes Organ: Auf einem zylindrischen Betonsockel ruht eine mehrere Meter hohe, leuchtend rote Zunge, deren Spitze ein metallisch blitzendes Piercing ziert. Sie lehnt sich wie ein Gegenstand rückwärts gegen eine schwarz-glänzende Stange, die sich nach unten verjüngt und an ein Essstäbchen erinnert. Mehrdeutig ist der Titel „Slip of the Tongue“: Er bezieht sich auf die Zunge als Sprachorgan durch die englischsprachige Redewendung für „Versprecher“, scheint aber auch die physische Herauslösung und das drohende Herabgleiten der Zunge von ihrem Sockel zu bezeichnen. Ohne den zugehörigen Körper verliert die Zunge ihren Zweck – zu schmecken, zu fühlen, vor allem aber zu sprechen. Sie wird hier stattdessen als eine wortwitzige Reflexion über Körper und Sprache übergroß in den Raum gestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Infinity

 

Seit fünfzig Jahren setzt sich Richard Deacon in seinem bildhauerischen Werk auf vielschichtige Weise mit den Charakteristika seiner Materialien auseinander. Er „fabriziert” Variationen durchlässiger skulpturaler Konstrukte, die stets dem Wechselspiel von Form und Hohlraum Ausdruck verleihen und dabei offen für das Assoziationsspiel der Betrachtenden sind. Zwei der vier bei Blickachsen 14 präsentierten Arbeiten tragen Titel, die direkt den künstlerischen Prozess beschreiben: Für „Cut & Fold #3“ und „Cut & Fold #5“ schneidet und faltet Deacon Platten aus rostfreiem Stahl und fügt sie zu geometrisch-prismatischen Formen zusammen. Auch die „Twofold Way CD” wurde auf eine ähnliche Weise produziert. Dagegen lenken die abgerundeten Stahlplatten von „Infinity #14“, die jeweils von zwei oder drei Löchern durchbrochen sind, den Blick auf die vielfältigen Möglichkeiten der Oberflächenbearbeitung: In den regelmäßigen Vertiefungen spiegelt sich die Sonne, die direkt auf sie trifft, durch die schräge Aufstellung der Platten.

 

 

 

 

beef early


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Georg Herold ist bekannt für seine Werke, die auf humorvolle und oft konfrontative Weise sowohl das alltägliche Leben als auch die hohe Kunst kommentieren. Seit den 1970er-Jahren benutzt er oft Dachlatten für seine Skulpturen, von denen er die Bedeutung als „rational, emotional, psychisch und physisch erlebbar“ betrachtet. Herold konstruiert aus diesen Latten Figuren für die Werkgruppe „beef early“ und „Mont Parnass“, die teilweise mit Stoff bespannt und bemalt werden. Diese zerbrechlichen Konstruktionen wurden in den Versionen, die im Bad Homburger Kurpark ausgestellt wurden, in Bronze und Aluminium abgegossen. Das Aluminium ist aus Holz und Textil gestrichen, während die Bronze ihre Materialität offenbart. „beef early“ erinnert mit ihrer sich räkelnden Pose an die Tradition des liegenden weiblichen Aktes von Tizian bis Manet, könnte aber ebenso aus einem Fitnessstudio stammen. Der Titel von „Mont Parnass“ bezieht sich auf den legendären Sitz der Musen. Allerdings zeigt die Figur weniger kreatives Aufstreben als sportlichen Ehrgeiz, indem sie ein Bein hoch in die Luft reckt, wie bei einer Yogaübung.

 

 

   

 

Door


In ihren Skulpturen und Keramiken, aber auch in Gemälden, Zeichnungen und Collagen verhandelt Simone Fattal die Geschichte des Nahen Ostens und ihre anhaltende Wirkmächtigkeit in der globalen Gegenwart. Besonders setzt sie sich dabei mit ihren eigenen Erfahrungen von politischer Instabilität, Krieg und Flucht auseinander. In den rauen, zerklüfteten Oberflächen ihrer Skulpturen scheinen Verletzlichkeit und Entbehrung sichtbar zu werden. Auch in der im Rahmen der Blickachsen 14 vorgestellten Arbeit „Door“ erinnern die zwei Abschnitte des patinierten Bronzegusses an brüchige Wände. Es scheint, dass sie nur durch lange Nägel zusammengehalten werden, die unregelmäßig und mit brachialer Gewalt durch sie gerammt werden. Darüber hinaus weist die ungleichmäßige Oberfläche organische Verbindungen auf, wie zum Beispiel die menschliche Haut. So verdichten sich die ästhetischen Merkmale der Skulptur zu einem berührenden und subtil verstörenden Gesamteindruck.

 

Die Kapelle der Philosophien des Bad Homburger Parks

 

Olaf Holzapfel nutzt traditionelle Handwerkstechniken und lokale Materialien, um seine Installationen und Objekte zu entwerfen und zu produzieren. Auf diese Weise schafft er künstlerische Räume, die mit ihren deutlichen Gestalten und leicht zugänglichen Strukturen Spielräume für Handlungen und Erfahrungen eröffnen, die außerhalb etablierter Normen liegen. Für die Blickachsen 14 entwirft Holzapfel einen Rückzugsraum in der Stadtnatur, der von den Wohnstätten philosophischer Einsiedler (von Diogenes über Hieronymus bis Thoreau) inspiriert ist. Das Konzept der „Kapelle“ leitet sich von den „follies“ des 18. Jahrhunderts ab: seltsame Bauwerke, die zunächst fürstliche Gartenanlagen schmückten und die Sehnsucht frühindustrieller Eliten nach vergangenen Zeiten und fernen Ländern zum Ausdruck brachten. Das aus Fachwerk zusammengesetzte, mit Schilf gedeckte und mit Weidengeflecht verdichtete Konstrukt lädt die Besuchenden dazu ein, zu verweilen und den eigenen Gedanken freien Lauf zu lassen, oder aber mit anderen gemeinsam Platz zu nehmen.

 

 

Equation (f)

 

Das Hauptthema für die Bildhauerin Franka Hörnschemeyer ist die Beziehung zwischen Raum und Körper. Sie verwendet vielfach industriell vorgefertigte Materialien der Bauindustrie wie Schalelemente, Gipskarton oder Aluminiumverbundplatten. Auf diese Weise werden architektonische Konstruktionen geschaffen, die die Struktur von Räumen sowohl akustisch als auch visuell darstellen und häufig mit den sozialen und historischen Dimensionen der jeweiligen Orte in Konflikt geraten. Für die Blickachsen 14 entstand mit „Equation (f)“ (dt. Gleichung, Gleichgewicht) eine Skulptur, die im Kurpark eine eigene Dynamik der Perspektiven und der Balance der Formen entfaltet.

 

 

   

Auf einer offenen Schalungsgitterstruktur, die im Betonbau als Rahmen verwendet wird, befindet sich ein Würfel aus Schalungsplatten, der fast gleich groß ist und auf der Oberseite platziert ist. Im Bereich der Skulptur kann man Körperhaftigkeit als ein Spiel zwischen Transparenz und Gewicht, dem Vorhandensein oder Fehlen von Material, Bewegung und Sichtbezügen im Raum erleben. Gleichzeitig erscheint hier jedoch auch der soziale Aspekt eines innerstädtischen Ortes. Dieser scheint als Kurpark Ruhe und Beständigkeit zu vermitteln, steht aber in Wirklichkeit immer wieder vor den urbanen Veränderungen, der Vergänglichkeit und den Aktivitäten der Stadtbevölkerung.

 

 

 

   

The Year of Living Dangerously


Maria Loboda beschäftigt sich in ihren Skulpturen und Installationen mit kulturellen Codes und historischen Bedeutungen von Gegenständen. In einer „zeitgenössisch-archäologischen” Herangehensweise enthebt sie Gegenstände aus sedimentierten Kontexten und setzt sie in neue Perspektiven – so auch in „The Year of Living Dangerously“. Für diese Installation versammelt Loboda im Maßstab veränderte Nachbildungen von Werken der Künstler:innen Jean Arp, Constantin Brancusi, Jean Dubuffet, Barbara Hepworth und Jeff Koons. Hier scheinen sie alle achtlos am Teichufer zu liegen – dazwischen ausrangierte Gegenstände wie ein halb im Wasser versunkenes Fahrrad oder ein alter Einkaufswagen. Sie stellen alle bedeutende Entwicklungen der Skulptur im 20. Jahrhundert dar. Die Frage, ob die Skulpturen bei einer Naturkatastrophe aus einem Museum oder Depot geschwemmt wurden, steht im Gegensatz zum ideellen Wert der Werke und ihrer Platzierung. So regt Lobodas Werk dazu an, darüber nachzudenken, wie Kunst vergänglich und zeitgebunden ist und welche Bedeutung sie in einer unsicheren Gesellschaft hat.

 

 

   

Parkdose


Manfred Pernice nutzt in seinem Bildhauerhandwerk einfache Bau- und Handwerksmaterialien wie Pressspan, Tischlerplatten, Kacheln, Eisenstäbe und Beton. Er fügt seinen Skulpturen oft Objekte, Texte und Zeichnungen hinzu, um ihnen ortsspezifische Bezüge zu verleihen. Von Anfang an spielen in Pernices Schaffen Behältnisse, vor allem Dosen, eine besondere Rolle – in diesem Zusammenhang steht auch die im Rahmen der Blickachsen 14 präsentierte „Parkdose“. Deren künstlerische Bestimmung scheint es zu sein, die Kluft zwischen nachkriegszeitlichem Kiosk und Kunstobjekt zu überwinden – der graue Beton lässt an brutalistische Architektur denken. Die Idee, ein Verkaufshäuschen formal dem anzupassen, was dort angeblich entstehen kann, passt ebenfalls zu ihrem Ethos. Ein die Arbeit begleitender Text des Künstlers gibt die „Parkdose“ als Relikt aus den 1940er-Jahren aus. Die nüchterne Gestaltung der „Parkdose“ im Kurpark steht im Spannungsverhältnis zur grünen Umgebung und zur klassizistischen Gartenarchitektur Lennés und zur nüchternen Klinikarchitektur am Parkrand.

 

       

Tribute to Moondog


Das Bildhauerwerk von Thomas Schütte ist durch das geschickte Spiel mit der Aneignung und Verfremdung bekannter Formen gekennzeichnet. Langfristig beschäftigt ihn die Auseinandersetzung mit Architektur, Geschichte und Erinnerungskultur - so auch in den Werken, die bei den Blickachsen 14 präsentiert werden: Die beiden identischen Skulpturen„Tribute to Moondog“ sind eine Hommage an den gleichnamigen exzentrischen Musiker und Komponisten, der 1999 in Münster verstarb. Die Arbeit durchbricht die Konvention der Gedenkbüste, indem der Dargestellte nicht physiognomisch, sondern psychologisch-emotional abgebildet wird. Der Hundekopf, der an den Künstlernamen erinnert, ist gleichzeitig eine Überarbeitung von Schüttes älterer Skulptur „Hund III“ (2004). Der Künstler hat die Stahlskulptur „Nuclear Temple“ als „Architekturmodell“ eingestuft. Es erinnert tatsächlich an ein geschrumpftes Gebäude, dessen Erscheinung zwischen einem Tempel und dem Körper einer verwitterten Bombe changiert.

Arched Figure

   

In ihrer künstlerischen Tätigkeit kombiniert Grace Schwindt Film, Performance, Skulptur und Zeichnung miteinander. Insbesondere widmet sich die Künstlerin der Frage, wie Körper – in Verbindung mit Sprache und Objekten – Geschichtsnarrative und Erinnerungsstrukturen gestalten und dafür geprägt werden. Darüber hinaus versucht sie sichtbar zu machen, wie Körper in unserer Gesellschaft diszipliniert, gestaltet und verformt werden. Auch die Bronze- und Steingussskulptur „Arched Figure“ konzentriert sich auf den menschlichen Körper. Die Füße und Beine sind klar konturiert, während sich der zurückgebeugte Oberkörper einer Frauenfigur ab der Hüfte zunehmend von anatomischer Genauigkeit entfernt. Darüber hinaus zitiert Schwindt den „hysterischen Bogen“, der in der Medizingeschichte als eine Form von Krampfanfällen bezeichnet wird. Eine amorphe Masse entsteht aus dem Torso und stürzt scheinbar schwerelos rücklings zu Boden. Auf diese Weise kreiert Schwindt das Bild eines zerbrechlichen Gleichgewichts zwischen kontrollierter Verrenkung und bevorstehendem Kontrollverlust. Dabei zeigt sich eine spannungsreiche Ambivalenz zwischen Macht und Verwundbarkeit.

 

Reina Mariana

 

 

     

 

Die Auseinandersetzung mit Ikonen der Kunstgeschichte, insbesondere den Gemälden des spanischen Barockmalers Diego Velázquez, spielt eine zentrale Rolle im Werk von Manolo Valdés. Schon als Teil der Künstlergruppe Equipo Crónica verband er die Pop-Art-Strategie, bekannte Bilder zu verwenden, mit gesellschaftspolitischer Kritik, vor allem am Franco-Regime. Später schärft Valdés seinen individuellen Ausdruck und lässt einzelne Figuren wie jene aus Velázquez’ Porträt der Königin Mariana von Österreich (1652/53) dreidimensional aus der Bildfläche hervortreten. Auf diese Weise wird die Skulptur „Reina Mariana“ geschaffen, die auf den Blickachsen 14 zu sehen ist: Valdés stellt die Gestalt der Königin aus Holzlatten dar und verwandelt sie dann in Bronze. Trotz der somit abstrahierten Oberfläche bleibt die charakteristische Silhouette mit ausladendem Rock und aufgetürmter Haarpracht sofort erkennbar.

 

Fingerprint IV

 

Stahl ist Georg Friedrich Wolfs Lieblingsmaterial. In großformatigen Skulpturen und Werkzyklen setzt er sich unermüdlich mit dessen Eigenschaften sowie Möglichkeiten der Formgebung und Oberflächengestaltung auseinander. Das Register der Ausdrucksmöglichkeiten, das ihm sein Werkmaterial eröffnet, wird dadurch von Wolf immer weiter ausgebaut.
 

 

Mit „The Missing Piece“ präsentiert er bei den Blickachsen 14 eine bedeutende Arbeit seiner bisherigen Arbeit. Auf der Rasenfläche im Kurpark liegt ein monumentales Puzzlequadrat aus massiven Stahlplatten – ein Puzzlestück jedoch fehlt. Die leere Stelle ist kein Fehler, sondern Absicht: Für den Künstler ist die Lücke ein „Lebensprinzip”, ein Möglichkeitsraum, in dem wir denken, fühlen und uns der Welt annähern können. Diese Idee greift auch die zweite Arbeit, „Fingerprint IV“, auf. In die über vier Meter hoch aufragenden Stahlplatten sind Leerstellen für Puzzlestücke eingefügt, von denen keines dem anderen gleicht.

 

Siehe auch:  Blickachsen 14 – Skulpturen- und Kunstausstellung in den historischen Parkanlagen von Bad Homburg vor der Höhe

 

 

   

 

 

   

Kulturexpress ISSN 1862-1996

 vom 29. Mai 2025