Ausgerüstet mit einem motorisierten
hochauflösenden Bodenradar haben ArchäologInnen in der Region
Østfold in Norwegen ein Wikingerschiff und eine große Anzahl von
Grabhügeln und Langhäusern entdeckt. Diese einzigartige
Entdeckung haben ArchäologInnen vom norwegischen Institut für
Kulturgüterforschung (NIKU) in Zusammenarbeit mit der vom Ludwig
Boltzmann Institut für archäologische Prospektion und virtu LBI
ArchPro in Wien und Niederösterreich entwickelten Technologie
gemacht.
Das Wikingerschiff befindet sich knapp unter der Bodenoberfläche
in einer Tiefe von ungefähr 50 cm und wurde ursprünglich in
einem Grabhügel bestattet. Die digitalen Visualisierungen der
Radardaten zeigen eine klar erkenntliche schiffsförmige Struktur
mit einer Länge von 20 m. Die Daten deuten darauf hin, dass der
untere Teil des Schiffes bis heute gut konserviert ist. Weitere
zerstörungsfreie Untersuchungen sind geplant, um diesen
besonderen Fund und die umgebende Landschaft digital zu
kartieren.
Wien, 15. Oktober 2018. Der sensationelle Fund befindet sich in
Viksletta, in direkter Nachbarschaft zum monumentalen Grabhügel
von Jelle in Østfold, Norwegen. Das Team hat die Überreste von
zumindest acht bisher völlig unbekannten und vom Pflug
zerstörten Grabhügeln lokalisiert. Mithilfe des Bodenradars ist
es jedoch möglich, die Überreste und die umfassenden Gräben
dieser massiven Monumente bis in kleinste Details zu kartieren.
Einer dieser zerstörten Grabhügel zeigt deutlich die Überreste
eines ursprünglich im Hügel bestatteten Wikingerschiffes. Es
gibt klare Hinweise darauf, dass der Kiel und der untere Teil
des Schiffes in diesem Grab noch bestens konserviert sind.
Basierend auf dem Wissen über andere bekannte Wikingerschiffe
erstellten die ArchäologInnen eine erste hypothetische
Rekonstruktion des Schiffs.
„Wir sind sicher, dass hier ein Schiff bestattet ist. Wie viel
tatsächlich noch erhalten ist, ist vor weiteren Untersuchungen
schwer zu sagen“, sagt Morten Hanisch, Landeskonservator von
Østfold.
„Dieser Befund ist ausgesprochen aufregend, da wir bisher nur
drei gut erhaltene Wikingerschiffe in Norwegen kennen, alle vor
über 100 Jahren ausgegraben. Dieses Schiff ist von großer
historischer Bedeutung, da wir es mit den modernsten Mitteln der
Archäologie untersuchen können“, sagt Dr. Knut Paasche, Leiter
der Abteilung für digitale Archäologie von NIKU und
ausgewiesener Wikingerschiff-Experte.
Neben den monumentalen Grabhügeln hat das Bodenradar noch die
Überreste von fünf Langhäusern ans Tageslicht gebracht, einige
von ihnen von beachtlicher Größe, eine Situation vergleichbar
mit der Fundstelle Borre in Vestfold, auf der gegenüberliegenden
Seite des Oslo Fjords.
„Dieser Schiffsfund liegt nicht isoliert, sondern war Teil eines
Gräberfeldes, welches Macht und Einfluss weithin sichtbar
repräsentierte“, sagt der Archäologe Lars Gustavsen,
Projektleiter von NIKU.
Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau von Niederösterreich: „Bei
dem in ganz Europa erfolgreich operierenden LBI ArchPro zeigt
sich, wie wichtig die enge Zusammenarbeit in Forschung und
Entwicklung in einem Europa der Regionen ist. Die von
Niederösterreich unterstützten Entwicklungen für die digitale
Archäologie helfen mit, unser gemeinsames kulturelles Erbe zu
erkunden und zu schützen, um es für die Öffentlichkeit
zugänglich zu machen, aber auch um es für die nachkommenden
Generationen zu bewahren. Das Land Niederösterreich ist stolz,
an dieser bedeutenden Entdeckung in Norwegen Anteil zu haben und
sieht sich auf dem Weg der Unterstützung von Spitzenforschung
zum Wohl unserer Gesellschaft bestätigt. Nach den einzigartigen
Entdeckungen wie der Gladiatorenschule oder des ersten
Amphitheaters in Carnuntum ist dem LBI ArchPro mit dieser
Entdeckung ein weiterer Meilenstein gelungen, der zeigt, wie
wichtig die zerstörungsfreie Erkundung und Dokumentation unseres
gemeinsamen kulturellen Erbes in Europa ist und in Zukunft
werden wird. Das Land Niederösterreich freut sich, als einer der
Mitbegründer des LBI ArchPro gemeinsam mit den norwegischen
Partnern einen weiteren bedeutenden Fund zur europäischen
Geschichte der Bevölkerung zugänglich zu machen. Mit dem LBI
ArchPro hat die Digitalisierung auch längst in der Archäologie
Einzug gehalten.“
Die Archäologen von NIKU planen gemeinsam mit dem LBI ArchPro
weitere zerstörungsfreie geophysikalischen Methoden einzusetzen,
um weitere grundlegende Fakten zur Struktur und dem
Erhaltungszustand des Schiffes ohne Bodeneingriff zu erhalten.
Das Team geht davon aus, dass nach Abschluss der nichtinvasiven
Untersuchungen archäologische Ausgrabungen zur Sicherung dieses
einzigartigen Fundes notwendig sein werden.
Die Bodenradaruntersuchungen beim Grabhügel von Jelle erfolgten
durch NIKU in enger Zusammenarbeit mit der Provinz Østfold. Die
Feldarbeit wurde von Erich Nau und Lars Gustavsen durchgeführt.
Die genutzte Methode und Software wurden vom LBI ArchPro in Wien
und Niederösterreich entwickelt.