Thomas Mann lebte und arbeitete von 1942 bis 1952
in der Zeit seines Exils in der Nähe von Los Angeles in den USA.
Hier verfasste und sprach er seine Aufrufe, die unter dem Titel
„Deutsche Hörer!“ von der BBC ausgestrahlt wurden. Das Thomas
Mann House ist ein Ort von historischer Bedeutung für die
Geschichte der deutschen Literatur, der Deutschen und für das
deutsch-amerikanische Verhältnis. Die Instandsetzung, die
Ausstattung und das Programm des Thomas Mann House werden von
der Berthold Leibinger Stiftung (Ditzingen) mit 3,5 Millionen
Euro unterstützt.
Was bringt eine Einrichtung wie die Berthold Leibinger Stiftung
GmbH dazu, sich bei einem derartigen Projekt zu engagieren? Der
Grund ist in der Person des Stiftungsgründers Berthold Leibinger
zu finden. Seine Liebe zur Literatur und speziell zu Thomas Mann
und seine guten transatlantischen Beziehungen – Berthold
Leibinger verbrachte als junger Ingenieur mehrere Jahre in den
USA – führten zu der Förderzusage der Berthold Leibinger
Stiftung, verteilt über mehrere Jahre. Nicht nur die Einrichtung
des Hauses, in dem Thomas Mann zehn Jahre lang lebte, wird von
der Stiftung gefördert, sondern auch die Ausstattung der
Bibliothek sowie der Katalog zur Vita und zu den literarischen
und politischen Aktivitäten des Schriftstellers während seines
Exils. Der Verein Villa Aurora & Thomas Mann House e.V.
verantwortet das Programm und Fellowships für Intellektuelle aus
allen Bereichen der deutschen Gesellschaft, insbesondere für
Vertreter aus Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und
Medien. Die Berthold Leibinger Stiftung unterstützt die
Fellowships mit dem Ziel, in die amerikanische Gesellschaft
hineinzuwirken.
Für Berthold Leibinger ein wichtiger Schritt: „Es war klug, das
Haus der Manns … zu erwerben. Es ist zunächst eine Reverenz an
den Geist, der von ihm ausging. Darüber hinaus ist es eine
Möglichkeit für uns, den Dialog mit dem geistigen Amerika – auch
in diesen Tagen, in denen wir nicht ohne Sorge nach Amerika
blicken – zu führen. Wobei die Anliegen und Fragen, die durch
Thomas Mann damals besprochen wurden, von beklemmender
Aktualität sind.“
Thomas Mann in Pacific Palisades
Zehn Jahre lang lebten Thomas Mann und seine Familie in dem Haus
am San Remo Drive im Stadtteil Pacific Palisades. Es wurde in
diesen Jahren zu einem bedeutenden Treffpunkt für Künstler und
Intellektuelle von beiden Seiten des Atlantiks. Philosophen wie
Martin Buber und Theodor Adorno trafen sich hier, weltberühmte
Wissenschaftler wie Albert Einstein ebenso wie die
Schriftsteller Lion Feuchtwanger, Alfred Döblin, Franz Werfel
und Bertolt Brecht oder die Komponisten Bruno Walter und Arnold
Schönberg.
Hier entstanden große literarische Werke wie der Schlussband der
Joseph-Trilogie und der „Doktor Faustus“. Im Zentrum seines
Schaffens jedoch stand die Auseinandersetzung mit der geistigen
und politischen Situation jener Zeit. So stellte Thomas Mann
bald nach seiner Übersiedlung in die Vereinigten Staaten im Jahr
1939 fest, „daß es ein Irrtum deutscher Bürgerlichkeit gewesen
war, zu glauben, man könne ein unpolitischer Kulturmensch sein.“
Fortan führte er aus dem US-Exil seinen Kampf gegen die
ideologischen Verteidiger Hitlers.
Thomas Mann suchte während seiner Zeit im amerikanischen Exil
die intensive Auseinandersetzung mit der US-Kultur. 1944 nahm er
die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Amerika veränderte
seine Sicht auf die Welt und sein Heimatland. Doch sein
unermüdlicher Einsatz gegen Hitlerdeutschland hatte ihn auch ins
Fadenkreuz des FBI gebracht und er entging nur knapp einer
Vorladung vor den Ausschuss für unamerikanische Umtriebe. Er
warnte im Jahr 1948 in einem Flugblatt, das sich gegen die
Politik McCarthys richtete, davor, dass sich in den USA eine
spezifische, amerikanische Form des Faschismus abzeichne.
Das Thomas Mann House: Ein Debattenort am Pazifik
Mit dem Thomas Mann House entsteht ein Ort, von dem aus im
Geiste Thomas Manns Debatten zu grundlegenden Gegenwarts- und
Zukunftsthemen auf beiden Seiten des Atlantiks angestoßen
werden. Der Verein Villa Aurora & Thomas Mann House e. V.
betreibt in Los Angeles bereits seit 1995 die Künstlerresidenz
Villa Aurora, das ehemalige Exildomizil Marta und Lion
Feuchtwangers, ebenfalls in Pacific Palisades. Er verfügt über
eine etablierte Infrastruktur vor Ort. Im Thomas Mann House wird
er ein Residenzprogramm in Form von Fellowships verantworten. Es
soll Intellektuellen und Denkern aus allen Bereichen der
deutschen Gesellschaft, insbesondere aus Kultur, Wissenschaft,
Wirtschaft, Politik und Medien, Gelegenheit zur Stellungnahme zu
den großen Fragen der Zeit sowie zum Austausch und zur
Vernetzung mit Persönlichkeiten und Institutionen in den USA
bieten. Die Thomas Mann Fellowships haben in der Regel eine
Dauer von mindestens drei und maximal zehn Monaten.
Ein Beirat von Expertinnen und Experten auf diesen Gebieten aus
Deutschland und den USA, der vom Kuratorium und vom Vorstand des
Villa Aurora & Thomas Mann House e. V. nominiert wird, wählt
einmal jährlich die Fellows für das Folgejahr aus.
Das Residenzprogramm wird vom Auswärtigen Amt und von der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert
und von der Berthold Leibinger Stiftung, der Robert Bosch
Stiftung und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
unterstützt.
Siehe auch:
Zur Eröffnung des
Thomas Mann Hauses im kalifornischen Pacific Palisades