Entwurf einer architektonischen Gebäudelehre (1.
Aufl. 2018) von Andreas Lechner |
Bucheinband: park books |
Das
klingt hochtrabend, Entwurf einer Gebäudelehre, so als wolle der
Autor das Grundgerüst der Architektur erneut vorlegen.
Andererseits kann eine Gebäudelehre der einfache Versuch sein,
um auf diesem Gebiet Fuß zu fassen. Nichts ist einfacher als ein
paar Grundbausteine aufzuheben, die eine typologische Reihe oder
natürliche Grundformen repräsentieren. Die Frage wäre also,
welchen grundlegenden Neuansatz verbindet der Autor mit seiner
Theorie?
Der Band besteht aus
zwei Teilen, die unabhängig voneinander lesbar sind.
Ein Teil ist aus drei Aufsätzen zusammengesetzt, der andere Teil
besteht aus Zeichnungen von 144 Architekturprojekten mit
ausgewählten Erläuterungstexten. Kern der Aussage ist die
Architektur und deren Funktion als Bühne und Hintergrund um
menschliches Zusammenleben zu betonen.
Von der Aufmachung
erinnert der Band an die der Bauentwurfslehre, was zugleich
Nachschlagewerk sein will. Was dagegen nicht zur Anwendung
kommt, sind Bezeichnungen der Normen und Gesetzgebungen, die zu Hauf
in der Entwurfslehre vorhanden sind und letztendlich die
Umsetzung des Projekts mitbestimmen. Dennoch ist die Gliederung
ähnlich umfangreich wie im Neufert und besteht insgesamt
aus drei Kapiteln, die mit den allgemeinen Architekturbegriffen
Tektonik, Typus und Topos übertitelt sind: Dem Text des ersten
Kapitels, Tektonik, folgen jeweils zwölf Projekte aus den vier
Genres Theater, Museum, Bibliothek und Staat.
Die These dazu
lautet, dass Gebäudelehren heute nicht nur von den Institutionen
vorgenommene Festlegungen sind, sondern auch architektonische
Forschungsbeiträge im Rahmen der Entwurfslehre erbringen. Mit
Entwurfsarbeit lässt sich der Begriff der Komposition nicht
durch Einzelfälle, mit Typen
und Elementen erklären, sondern in einem erweiterten Sinne auch
als transformativer Zugriff auf das Wissen zusammenfassen, was
sich in der Architektur als nicht endgültiger Probeversuch zu
verstehen gibt, wobei die Unterscheidung von Innen und Außen,
von Formen und Funktionen dazugehören.
Die beiden letzteren
Kapitel - Typus und Topos sind komplementär zum Kapitel Tektonik
gedacht. Dabei wird zugleich für ein
architektonisch-städtebauliches Nachdenken plädiert, das sich
öffentlichen Funktionen und Nutzungen von Bauwerken in den
suburbanen und peripheren Vororten der Städte widmet und dabei
der Forschungsfrage nach civic monuments in privaten
"Utopien" suburbaner Peripherien nachgeht.
Während eine erbaute
und ortsgebundenen Gebäudearchitektur stets singulär betrachtet
wird, wiederholen sich deren allgemeine Elemente und Bauteile,
wie Wände, Decken, Dächer, Stützen, Fenster und Türen ebenso,
wie sie in unterschiedlichster Zusammenstellung auch immer
wieder ähnliche räumliche Relationen verschiedenster Nutzungen
erzeugen. Ist ein Bau zur Realität geworden, liegen dem
architektonischen Entwurf meist mehrere Möglichkeitsformen
zugrunde, die dem Projekt bei der Bauplanung vorausgegangen
sind.
Das Ziel von Typologien,
nämlich Wissensgewinn durch Informationsreduktion, steht nicht
im Mittelpunkt dieser für das Entwerfen und die
Entwurfslehre gedachten Publikation. Die Kritik der Postmoderne
am biederen und gänzlich visionsfreien
Bauwirtschaftsfunktionalismus galt gerade dem Fachgebiet der
Gebäudelehre und seiner Mischung aus naivem Funktionalismus und
empirischer Erbsenzählerei. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht
daher die Frage, wie sich dieses Fachgebiet heute, rund vier
Jahrzehnte nach seiner Delegitimierung, fruchtbar und
anspruchsvoll denken und innerhalb der Architekturausbildung
positionieren lässt.
Entwurf einer
architektonischen Gebäudelehre
von Andreas Lechner
Park Books, Zürich
1. Auflage 2018
Hardcover, 492 Seiten
Größe: 31,5 x 23,3 x 3 cm
ISBN: 978-3-03860-068-8
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