Atelier-Gemeinschaft Kasernenareal Basel befürchtet nach Umstrukturierung mehr Nachteile als Vorteile für Basler Künstlerschaft

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Das betrifft besonders die älteren unter den Schaffenden, die schon seit Jahren ihr Atelier in der Kaserne Basel unterhalten und sich dort auch längerfristig für die intensive Arbeit eingerichtet haben. Die meisten können sich eine andere Atelierlösung als die jetzige gar nicht vorstellen.

 

 

Dennoch hat die lokale Politik in Basel beschlossen ein neues Konzept umzusetzen, was zunächst damit beginnt, daß alle die Kaserne verlassen und die Ateliers für immer aufgeben. Das schmerzt, weil die Forderung ultimativ ist. Wer gibt schon freiwillig sein eingerichtetes Studio auf? Mit dem neuen Konzept werden nicht unbedingt Vorteile geschaffen. Ein Fünfjahres-Turnus soll Basler Künstlern ein befristetes Mietrecht der Ateliers ermöglichen. Wer sich rechtzeitig anmeldet, erhält den Vorzug. Peter Baer fordert die jungen Menschen auf, sich solche Umgangsformen nicht einfach gefallen zu lassen, denn das Ergebnis ist nicht Ver- sondern Entwurzlung durch das befristete Mietrecht und die dadurch entstehende Fluktuation. Vor allem aber sollen ansässige Künstler verjagt werden, wer nicht rechtzeitig ein Atelier für sich angemeldet hat. Die Ateliermieten werden nach der bevorstehenden Renovierung steigen, die diese alten Mauern in Massivbauweise vielleicht wirklich nötig haben.

 

 

Die Kaserne Basel ist das größte Zentrum für die freie zeitgenössische Theater-, Tanz- und Performanceszene sowie für innovative Populärmusik in der Nordwestschweiz. Der Basler Künstler Peter Baer setzt sich auf politischer Ebene intensiv mit der Problematik auseinander. Er hat zu diesem Zweck ein Manifest verfasst, in dem er die lokale Politik und Entscheidungsträger auffordert, einen anderen Entschluss zugunsten der jetzt noch ansässigen Künstlerschaft in der Kaserne zu fassen. Ausdruck des Manifestes sind seine Ausstellungen „autour du monde". Peter Baer, der im Dezember 2014 zwei Ausstellungen in Basel am Laufen hat, eine in der Hammer Galerie bis 20. Dezember, die der Galerist Ernst Weisskopf leitet, welche in der Nähe der „Muschtermäss" in der Hammerstraße liegt: www.galeriehammer.ch 

 

Hell erleuchtet die Einrichtung der Galerie fast vollständig in weiß. In dieser Ausstellung finden sich neben großformatigen Bildern im Parterre und Kellergeschoss auch kleinformatige Zeichnungen, die äußerst sehenswert sind. Diese mit Kugelstift gezeichneten Blätter hängen hinter Glas im Passepartout  Kennzeichen ist die membranartige Umhüllung der Gestalten, die durch Schnittlinien in Beziehung stehen. Das reitende Pferd ist ein Leitmotiv, das aus verschiedensten Perspektiven seine unwiderrufliche Gestalt findet. Es ist nicht das Pferd allein, sondern dabei ist immer auch der Reiter. Beide bestimmen die Richtung, die fluchtartig ist.

 

Bei den großformatigen Arbeiten kommen mehrere Frauenakte vor, die zwar in gleicher Positur liegen, sich aber durch den Malstil unterscheiden. Während der eine Akt frei gemalt ist, ist der andere Akt im Parterre durch Streifen bestimmt, die über die Leinwand gelegt wurden und durch ein sattes aber kühles Rot überragen. In der Mitte bleibt die Zeichnung fast im Rohzustand auf der weißen Leinwand liegen. Peter Baers Bilder verfügen oft nicht über Titelbezeichnungen, so daß eine namentliche Zuordnung nicht immer einfach ist.

 

Sowie mit der Ausstellung „autour du monde" in der art gallery 106 einer historischen Wache im klassizistischen Baustil in unmittelbarer Nähe zum Architekturbüro von Herzog & de Meuron zwischen Rheinschanze und St. Johanns Tor gelegen. Die Räumlichkeiten der Galerie werden bewirtschaftet durch den Galeristen Fernando auf www.artgallery106.ch. Diese Ausstellung läuft ebenfalls bis 20. Dezember.

 

Zur Ausstellung am St. Johanns Tor gehören mehrere Exponate des Künstlers Peter Baer, was sowohl Zeichnungen als auch gemalte Werke umfasst. Die Exponate hängen auf engem Raum dicht aneinander im Viereck an den Wänden. Dennoch ist die Hängung so gewählt, daß diese durchdacht ist. Zwischen Zeichnung einerseits und malerischem Objekt andererseits und auf kleinem Raum abwechselnd, so daß keine Hast und kein Gedränge entsteht. Wohlbefinden nach winterlicher Kälte draußen umgibt den Besucher in der Galerie, was durch die nuancierte Beleuchtung und dem Vorhandensein einer starken Symmetrie gegeben ist, die vom Gebäude als historische Wache ausgeht.

 

Der Blick schweift durch den Raum, stößt an und bleibt an einem der Bilder hängen, welches für die nähere Betrachtung fokussiert wurde. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis jedes Detail der meist feinst organisierten Zeichnungen erfasst ist.

 

Die Genialität des Künstlers besteht darin, eine Kunstform geschaffen zu haben, die aufgrund lebenslanger Erfahrung verwirklicht wurde und auf eigener Ideenvielfalt beruht und dadurch erst erschließbar für den Betrachter und Kunstinteressierten ist. Peter Baers Leitmotiv in allen seinen Bildern ist der „Masshalter", der oft in Verbindung mit dem Stier auftritt. Wobei der Stier nicht das Opfer ist, sondern Ausdruck einer ästhetischen Auffassung die sich durch Raumgestaltung und Perspektive definiert.

 

Ateliergemeinschaft Kasernenareal Basel

Im Zwischenstock des Treppenhauses empfängt die Besucher in einem großflächigen Videotableau die gesamte Künstlerschaft der beiden Atelierhäuser. Im Oberlichtsaal sind vier Werkpositionen anzutreffen. Die Arbeiten der zwei jeweils jüngsten und ältesten Künstlerinnen beider Atelierhäuser versinnbildlichen durch ihre unterschiedlichen Arbeitsweisen und Haltungen die Kontroversen und Dialoge zwischen den Generationen. Durch einen Entscheid im Vorfeld wurde diese Ausstellungskonzeption favorisiert. Das solche Entscheidungen immer umstritten sind, spricht für sich. Wenn nur zwei Künstler ausgestellt werden, bei denen das Kriterium auch noch im jüngsten und ältesten der jeweiligen Einrichtung liegt, dann sollte das grundsätzlich hinterfragt werden oder zumindest entsprechender Ersatz für die anderen Künstler geschaffen werden. Dauer der Ausstellung bis 18. 01. 2015. Zusätzlich wird ein reichhaltiges Rahmenprogramm geboten. Aufführungsorte: Kunsthalle Basel, Stadtkino, Atelierhäuser Klingental und Alte Gewerbeschule.

 

 

Die Situation auf dem Kasernenareal Basel wird indes nicht einfacher. Manche befürchteten schon den Totalabriss der historischen Bausubstanz des im neugotischem Stil erbauten Gebäudes. Solche sind in vielen Städten zu finden, sie beleben das Stadtbild. Ganze Stadtlandschaften entstehen, wie die Kaserne eine Art modulare Einheit für die Kulturschaffenden in Basel ist. Diese vergessene Architektur ist aufgrund ihrer wuchtigen Dimension meist nur für platzintensive, kulturelle Einrichtungen geeignet.

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 04. Dezember 2014