THE RED SPOT
Der rote Punkt
赤い点

Ein Film von Marie Miyayama

mit Yuki Inomata, Hans Kremer, Orlando Klaus, Imke Büchel, Zora Thiessen, Mikiko Otonashi, Shinya Owada, Yu Saito, Toru Minegeshi, Yashiba Toshihiro, Nahoko Fort

Spieldauer 82 Minuten

Kinostart 04. Juni 2009
 

Die japanische Studentin Aki Onodera reist auf den Spuren ihrer Eltern von Tokio nach Deutschland. Im Ostallgäu lernt sie die Familie Weber kennen, von der sie spontan als Gast aufgenommen wird und die dadurch schon bald in heftige Turbulenzen gerät.

 Text und Foto; movienetfilm

 

Die junge Japanerin Aki Onodera wird von Träumen aufgewühlt, die aus den lange verschütteten Erinnerungen an ihre frühen Kindheitstage aufsteigen. Eigentlich sollte sie sich so kurz vor dem Ende ihres Studiums auf die Jobsuche konzentrieren, aber stattdessen fährt sie zu ihrem Elternhaus und entdeckt dort in einer Abstellkammer ein altes Paket aus einem fremden Land. Ein alter Fotoapparat, in dem noch ein Film steckt, und ein vergilbter Umschlag mit einem Brief und einer ausländischen Landkarte, auf der ein roter Punkt eine Stelle markiert, scheinen die Schlüssel zu ihren Träumen zu sein.

 

Aki setzt sich über die Bedenken ihrer Eltern und ihres Freundes hinweg und fliegt alleine nach Deutschland, um diesen Ort zu suchen. Im idyllischen Ostallgäu betritt sie auf der Suche nach dem richtigen Weg die örtliche Polizeidienststelle, wo gerade der 18jährige Motorradraser Elias Weber vernommen wird. Als EliasVater Johannes hereinkommt, um seinen Sohn abzuholen, bittet ihn der Polizist, die junge Japanerin mitzunehmen, da ihr Ziel ganz in der Nähe des Hauses der Familie Weber liegt.

 

Vater und Sohn setzen Aki auf deren Wunsch an einem Waldrand ab, wo es außer Bäumen und Feldern nichts Besonderes gibt, und fahren nach Hause. Als Elias nach dem Abendessen mit seiner Schwester losfährt, um sein Motorrad zu holen, treffen sie wieder auf die junge Japanerin, die im Regen verzweifelt nach einer Bleibe für die Nacht sucht. Sie nehmen sie mit in die Stadt - und als sie auch dort kein Hotelzimmer finden, wird Aki kurzerhand im Gästezimmer der Familie Weber aufgenommen.

 

Am nächsten Tag hilft Elias Aki bei der Suche nach der auf der Landkarte markierten Stelle. Dort soll sich ein Gedenkstein zum Andenken an Akis leibliche Familie befinden, die vor 18 Jahren tödlich verunglückt ist, wie Aki Elias in unbeholfenem Deutsch erklärt. Abends provoziert Elias einen heftigen Streit mit seinem Vater, der ihm eine Ohrfeige einbringt. Elias verläßt umgehend das Haus, gefolgt von seinem Vater, der seine Tat schon bereut. Und auch sonst zeigt sich, dass Akis Anwesenheit und die Suche nach ihrer Vergangenheit ganz ohne ihre Absicht die Spannungen innerhalb der Familie verstärken - und letztlich dazu führen, dass auch ein bislang verschwiegener Teil der Weber'schen Familiengeschichte ans Tageslicht kommt.

 

Als Aki schließlich die gesuchte Stelle findet, setzt sich an diesem Ort alsbald jeder der Beteiligten auf seine Art mit der Vergangenheit auseinander. Während um sie herum ein Durcheinander entsteht, reagiert Aki sehr ruhig und sicher. Aus ihrer Tradition heraus weiß sie, welche Rituale jetzt wichtig für sie sind und ihr die innere Ruhe geben. Aki gelingt es ihre traumatischen Erfahrungen in ein versöhnliches Bild zu verwandeln und gleichzeitig zu verzeihen.

 

1: aki on the road (yuki inomata) photos by chris hirschhaeuser. 2: aki and elias (yuki inomata, orlando klaus) 3: weber family dinner (orlando klaus, zora thiessen, hans kremer, imke buechel)
     
4: slap in the face (orlando klaus, yuki inomata, hans kremer, imke buechel) 5: johannes and elias (hans kremer, orlando klaus) 6: aki onodera (yuki inomata)
     
7: family picnic (toshihiro yashiba, yuki inomata, nahoko fort-nishigami) 8: at the police station (michael tschernow, orlando klaus, yuki inomata, hans kremer) photo by akira okukawa. 9: dinner japan (shinya owada, mikiko otonashi, yuki inomata) photo by akira okukawa.
     
 
10: aki and jun (yuu saitô, yuki inomata) photo by akira okukawa. 11: young aki and her aunt (kyouka shibata, mikiko otonashi) photo by akira okukawa.  

 

STAB
Buch, Regie, Schnitt Marie Miyayama
Co-Autor Christoph Tomkewitsch
Bildgestaltung Oliver Sachs
Musik Helmut Sinz
Produzenten Martin Blankemeyer
Miyako Sonoki
 
DARSTELLER
Aki Onodera  -  Yuki Inomata
Johannes Weber -  Hans Kremer
Elias Weber  -  Orlando Klaus
Erika Weber  -  Imke Büchel
Martina Weber  -  Zora Thiessen
Akis Tante  -  Mikiko Otonashi
Akis Onkel  -  Shinya Owada
Jun Nagaoka  -  Yu Saito
Fotoladenbesitzer  -  Toru Minegishi
Akis Vater  -  Yashiba Toshihiro
Akis Mutter  -  Nahoko Fort

 

 

 

Regisseurin Maria Miyayma über den Film

 

Der Stoff begegnete mir, als ich 1998 als Dolmetscherin eine Japanerin bei einem außergewöhnlichen Ausflug begleitete. Sie hatte eine Landkarte dabei, auf der eine Stelle der Bundesstraße B17 rot markiert war, zu der wir mit einem Taxi hinfuhren. Als wir dort ausstiegen, fanden wir einen kleinen Gedenkstein am Straßenrand. 1987 verunglückte hier eine japanische Familie tödlich bei einem Autounfall. Nur ein kleines Kind überlebte. Die Japanerin, die ich begleitete, war eine Verwandte der verstorbenen Familie. Sie erzählte mir, dass der Unfall von einer Person verursacht wurde, die Fahrerflucht beging und bis heute nicht identifiziert wurde. Das Kind, das durch den Unfall seine Familie verloren hatte, wurde in Japan von seiner Verwandtschaft adoptiert und großgezogen.

 

Diese reale Geschichte hat mich dazu inspiriert, eine Geschichte über zwei Personen zu erzählen, deren Schicksale durch einen Unfall verbunden sind. Die eine Person hat dadurch ihre Familie verloren, die andere trägt seitdem das schwere Geheimnis mit sich, unabsichtlich drei Leute die jungen Eltern sowie eines ihrer Kinder umgebracht zu haben. Wie führen sie ihren Alltag weiter? Was würde passieren, wenn sich ihre Schicksale wieder kreuzen?

 

Im Film wurden sowohl dokumentarische als auch fiktive Elemente zusammengefügt und ergaben so die Geschichte von Aki, Johannes und Elias: Die junge Japanerin Aki Onodera, die ihre Familie vor 18 Jahren durch einen Unfall verloren hat, reist nach Deutschland, um den Spuren ihrer Vergangenheit zu folgen. Dort begegnet sie Johannes Weber, der 18 Jahre lang sein Geheimnis nie ausgesprochen hat. Für seinen Sohn Elias, der von Geburt an unter der Verschlossenheit seines Vaters leidet, ist die Motorradraserei die einzige Sprache, mit der er seine Affekte ausdrücken kann. Aus heiterem Himmel bricht Aki wie ein Taifun über die Familie Weber herein. Im Mittelpunkt des Taifuns ist es jedoch immer still und wolkenlos. Aki begibt sich mit stoischer Gelassenheit an ihr Ziel, während die Familie Weber in den Wirbelsturm hineingezogen wird.

 

Der rote Faden dieser Geschichte ist das Schweigen; mit anderen Worten, die Unfähigkeit, miteinander zu reden. Die Hauptprotagonistin Aki redet nur abgehacktes Deutsch. Jedoch gerade beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen besteht die Möglichkeit zu einer tieferen menschlichen Kommunikation, da sich die Menschen, frei von ihren kulturell bedingten Gewohnheiten, mit ihrem existentiellen Dasein gegenüberstehen. In solchen Situationen spielen nonverbale Ebenen wie Blickkontakte, kleine Gesten und Antasten eine große Rolle. Diese werden in besonderem Maße als filmische Mittel des Erzählens benutzt. Der Film bedient sich langsam ineinander fließender atmosphärischer Bilder, die dem Zuschauer die notwendige Zeit verschaffen, das Unausgesprochene zwischen den Bildern zu erspüren.

 

Außerdem ist es für mich eine faszinierende Aufgabe, durch Akis äußeren Weg ihre innere Reise sichtbar zu machen. Mitten in der idyllischen Landschaft Süddeutschlands begegnet Aki den tief in ihr verankerten Visionen und Träumen. Dabei ist das Bild eines schaukelnden Kindes ein wichtiges Motiv, denn Aki pendelt seit ihrer Kindheit stets zwischen zwei Welten zwischen ihrer neuen Familie und ihrer leiblichen Familie, zwischen den Lebenden und den Toten hin und her.

 

Der äußere Weg Akis ist gleichzeitig ein Weg zu ihrem Innersten und erreicht somit Bereiche des kollektiven Unterbewusstseins aller Menschen. Ich wünsche mir, dass mein Film ein solches Möbiusband wird.

 


Montréal World Film Festival Kanada 2008 (First Films World Competition)
Internationale Hofer Filmtage 2008 (Gewinner des Förderpreises Deutscher Film)
Biberacher Filmfestspiele 2008
Internationales Filmfestival Passau 2008 (Eröffnungsfilm)
Internationales Filmfest Braunschweig 2008
Asia Filmfest München 2008
Cairo International Film Festival Ägypten 2008 (Festival of Festivals)
Goa International Film Festival of India 2008 (Internationaler Wettbewerb)
Göteborg International Film Festival 2009
Festival des Deutschen Films, Luwigshafen 2009 (Gewinner des Publikumspreises)

 

 

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vom 08. August 2009