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Martina Löw Stadtsoziologin und
Sprecherin des Interdisziplinären Forschungsschwerpunktes
Stadtforschung der TU-Darmstadt |
Großstädte
haben Ausstrahlung, meint die Autorin, wobei der Begriff Eigenlogik viel
besser auf Städte zutrifft. Aus einem Wechselspiel aus vorgegebenen
gesellschaftlichen Strukturen und sozialen Praktiken folgt die
städtische Habitusform. Wobei eine Nutzung und die Aneignung urbaner
Räume eng an eingenommene Sozialpositionen gebunden ist.
In einem der
Beispiele gibt es die
Differenzierung zwischen Habitus der Stadt und "City Habitus" sowie
Habitus der Stadtregion. Derlei Ausführungen orientieren sich an
mehreren Überlegungen. Weder Einzelanalysen noch
generalisierende Aussagen über die Stadt können den Gegenstand
angemessen erfassen. Modellvorstellungen führen nur zu einem verzerrten
Bild. Die habituell erzeugten Aussagen lassen sich weder intentional
noch strukturell aufklären, sondern sie lassen sich allein durch ihre
Eigenlogik erschließen.
Erste Studien
zum Habitus der Städte liegen im deutschsprachigen Raum bereits vor.
Sowohl Franz Bockrath als auch Rolf Lindner, zwei der Autoren,
gebrauchen den Begriff Habitus im Sinne Bordieus. Rolf Lindner
rekrutiert drei Kategorien: Textur, Habitus und das Imaginäre. Textur
wird mit Anselm Strauss verknüpft. Eine kumulative Kultur der Städte
tritt hervor, wobei Stadt durchaus immer verstrickt ist, wie dies Gerald
D. Suttle formuliert. Das Imaginäre der Stadt als Summe aus latenten
Dispositionen, was nicht den Gegensatz zur Realität bildet und nicht
deren Verdopplung bedeutet.
Ulf
Matthiesen fragt sich, in welchem Verhältnis stehen Städte und Wissen
zueinander? Aus wissensbasierter Stadtentwicklung folgt der Habitus der
Stadt und dessen Spezifizierung. Es geht hierbei mehr um einen Denkstil
und weniger
um einen Aufgabenkatalog. Ein anderer Ansatz sieht Stadt als
Siedlungsform, die die Bewegung fremder Menschen wahrscheinlich mache (Sennett,
1983) Kann man Dichte in Städten beobachten? Verdichtung im
mathematischen Sinne bedeutet: Produkt aus Masse und Volumen. Stadt ist
ein Abstraktor. Petra Gehring zieht auf Seite 166 unter Punkt 8 ein
Fazit, indem sie Bezug auf Foucaults Wissenstheorie nimmt. Der
städtische Raum als Voraussetzung des Sozialen hat einen direkten Bezug zur
Eigenlogik, wie aus dem Beitrag von Gerd Held hervorgeht.
Die Eigenart
der Städte Frankfurt und Hamburg im Vergleich der Frankfurter Soziologie
Professorin Marianne Rodenstein beschäftigt sich mit Eigenlogik
als Heuristik und Methode zur Untersuchung städtischer Entwicklungen.
Jürgen Hasse, Professor für Humangeographie, nennt seinen Beitrag:
"Stadt" als schwimmender Terminus. Cedric Janowicz
betrachtet die
Eigenlogik der Städte Afrikas. Karsten Zimmermann nimmt sich aus
politikwissenschaftlicher Sicht der Fragestellung an.
Mit
Eigenlogik wird hier die Soziologie der Städte angesprochen.
Beobachtungen, Thesen und theoretische Überlegungen mit einem
Darmstädter Schwerpunkt, sagt die Autorin. Salzburg, Wien und Linz, was
haben diese Städte gemeinsam? Wenn hier auf diese Weise gebaut würde, dann ginge das nicht so einfach.
Raumstrukturen, Sozialstrukturen und Gefühlsstrukturen kommen zum
Ausdruck. Woran liegt es, das Menschen in jenen Städten anders handeln
als in diesen, obwohl es Städte des gleichen Landes sind. Es
gibt einen gemeinsamen Sinnbezug in Städten, wie dies mit Staaten
geschieht. Städte sind nur die nächst kleinere Einheit, wenn es um
solche Sinneinheiten gehen soll. Eine Entzifferung der Persönlichkeit
erklärt sich oftmals nur daraus, woher jemand kommt. Städte machen etwas
mit uns, denn wir kommen nicht ungeschoren davon. Manchester und
Sheffield sind zwei britische Städte um ein martialisches Bild
verlorener Größe. Die Bremerhavener sagen, wir können die Stadt nur von
außen aufbauen. Die Rostocker sagen, wir schaffen das auch mit unseren
eigenen Leuten.
Stadt ist wie
ein öffentliches Wohnzimmer. Hybride Formen öffentlich - privat kommen
zum Vorschein. Beispiel ist der Christopher-Street-Day, eine globale
Parade wie sie aus den USA bekannt geworden sind. Der Kölner Karneval
ist ein Beispiel. Doch was sind das eigentlich für Strukturen?
Architekten werden beauftragt und beschreiben Raumstrukturen. Die
ökonomischen Verhältnisse beschreiben das Klima. Historiker denken über
Ursprungsmythen nach. 85 Prozent der deutschen Bevölkerung lebt in
Städten. In die Stadt kann jeder gehen der will, heißt es. Deren
Heterogenität unterscheidet sich extrem vom Nationalstaat, was viel
stärker gleichzusetzen wäre mit Ausschluß.
Spaltung und
Teilung ist ein dominantes Muster der Städte. Es finden sich immer
wieder von neuem solche Spaltungen. München kennt diese Spaltungen
nicht. Rostock braucht nur leichte Impulse, um sich selbst in Gang zu
bringen. Tel Aviv ist eine popkulturelle Stadt am Meer. In Darmstadt
wird interdisziplinär gearbeitet, erklärt Martina Löw. Die Autorin würde
sich übernehmen, meint jemand. Doch wer ist es, der Anteil an der
Eigenlogik hat?
Deutsche
Städte bleiben relativ stabil in ihren Größenordnungen. Jede Stadt ist
dazu verdammt, sich zu wiederholen. Deshalb sind Krisen eine echte
Chance, doch diese werden häufig nicht genutzt. Lebensgewohnheiten
gleichen sich. In Bremerhaven gibt es eine Initiative, die sich mit
Netzwerkbildung beschäftigt genauso wie in Rostock.. Das heißt, Hilfe
von außen suchen, wie in: Glasgow, Birmingham, Dortmund oder Frankfurt.
Eine weitere
Frage lautet: wie wird die Stadt in der Literatur behandelt? Die
aktuelle Jugendkultur hat sich die Stadt zum Gegenstand genommen. Dazu
gehört die Ausprägung eines Städte-Image, was durch die Architektur
repräsentiert wird. Städte spitzen sich zu. Ohne die historische
Dimension allerdings gibt es bei alledem keine Erklärungen.
Untersucht
werden sechs bis sieben Metropolsituationen in Deutschland, in denen Imagekampagnen
produziert wurden. "Postmoderne Heimatpflege" lautet ein
Schlagwort, was eine Qualität der Unterschiede definiert. Der deutschen
Forschungsgemeinschaft damit ein Forschungsprojekt verkaufen, hat sich
die Autorin zur Aufgabe gestellt. Frankfurt ist die einzige Stadt die
zunächst in Frage kommt, weil die Kosten für größere Fahrten nicht durch
das
Forschungsprojekt finanziert werden. Oder werden
hier etwa Marketingexperten unter dem Deckmantel der Soziologie
herangezogen?
Das Stadtbild von Brügge ist ikonisch wie eine Entität.
Humor als Indikator erkennen, ist eine Möglichkeit des Verständnisses.
Das bedeutet dann sich über den Humor erschließen. Wenn sie etwas über
Frankfurt wissen, dann wissen sie etwas über Zinsen, ist die Schlußfolgerung
daraus. Für wen wird diese Forschungsarbeit Rentabilität
haben?
Wie bezieht
sich Stadt auf seine Einwohner und umgekehrt, wie bezieht sich der
Einwohner auf seine Stadt. Es besteht eine Zusammenarbeit auch mit
Geologen. Bei den Architekten findet nur alle zehn Jahre ein
Paradigmenwechsel statt über das was Stadt ist. Die persönliche
Zielsetzung der Autorin stellt sich mit dem in Einklang, was für Darmstadt
als typisch gilt. Gesucht ist eine Diskussionsgruppe, um Strategien der
Problemlösung zu entwickeln und Dynamiken herauszufinden.
Eigenlogik der Städte
Neue Wege für die Stadtforschung
Herausgegeben von Helmuth Berking und Martina
Löw
Campus Verlag Frankfurt/M (1. Auflage 2008)
335
Seiten, broschiert,
Größe: 21,2 x 13,8 x 2,2 cm
ISBN: 9783593387253
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