Berlin 1989 - Parodie übers Leben diesseits und jenseits der Mauer - West goes east


Liebe Mauer (BRD 2009)

Regie: Peter Timm

mit Felicitas Woll, Maxim Mehmet, Anna Fischer, Thomas Theme, Karl Kranzkowski, Margrita Broich, Gisela Trowe

Spieldauer: 107 Minuten

Kinostart: 19. November 2009

Gegenstände zu personifizieren ist immer fragwürdig. Der Film hat Drive und regt zum Lachen an. Mit Komik soll ein Stück Vergangenheitsbewältigung versucht werden. Eine geglückte Vermarktung ist immerhin daraus geworden. Berlin gibt sich von je her jung und dynamisch. Steht der Stadt gut zu Gesicht! Inhaltlich werden die gleichen Sehnsüchte verkauft, wie sie die früheren DDR Bürger gehabt haben, bevor sie in den Westen konnten. Das scheint am Thema zu liegen, wenn es um Berlin geht und die Teilung der Stadt, die jetzt überwunden ist. Dann wird gern zum Mittel der Parodie gegriffen, um damit Mißstände aber auch Lösungswege aufzuzeigen. Was sich in der Endphase der DDR abgespielt hat, dürfte zu großen Teilen tatsächlich einer Parodie geähnelt haben. Denn wirklich ernst zu nehmen war das Theater an der Grenze von Ost nach West damals wirklich nicht mehr. Wenn die DDR Volkspolizisten auch immer scharf gemacht wirkten und bestimmt auch waren. Vielleicht ist der eingeschränkte Blickwinkel, den die Menschen damals in Berlin hatten besonders geeignet, um ins parodistische zu verfallen.

 

Text und Foto: Warner Bros.   

Die Studentin Franzi (Felicitas Woll) die im Herbst 1989 nach Berlin zieht. Ihre Altbauwohnung liegt direkt am Grenzübergang: Der Blick vom Fenster reicht direkt in den Osten. Dort entdeckt sie auf der anderen Seite der Mauer Sascha (Maxim Mehmet). Er ist Grenzsoldat wider Willen. Um einen Studienplatz in Medizin zu bekommen, hat er sich für drei Jahre zur Volksarmee verpflichten müssen. Franzi und Sacha verlieben sich und arrangieren heimliche Treffen.

Peter Timm („Go, Trabi, Go“, „Manta – der Film“) erzählt in seiner romantischen
Komödie „Liebe Mauer“ von einer deutsch-deutschen Liebe, der nicht nur Steine, sondern eine ganze Mauer in den Weg gelegt wird – bis sie fällt. Timm schrieb auch das Drehbuch. Er wurde 1950 in Ostberlin geboren und schon 1973 aus der DDR ausgewiesen.
Zum vierten Mal hat er die Befindlichkeit der DDR zum Thema eines seiner Filme gemacht.

ÜBER DIE PRODUKTION

„20 Jahre sind seit der Maueröffnung vergangen“, sagt Produzentin Heike Wiehle-Timm („Alles für meinen Vater“, „Blueprint“, „Ein Mann für jede Tonart“). „Viele Menschen haben die Bilder von damals noch im Kopf. Aber wir müssen Bilder finden, um sie auch den jungen Leuten von heute zu vermitteln. Das Publikum soll den Film wie eine heutige Lovestory erleben – also eine romantische Komödie: Liebe mit Hindernissen – in diesem Fall ist das Hindernis die Mauer. Doch die Liebe kann sie überwinden.“

 

Regisseur Peter Timm („Go Trabi Go“, „Rennschwein Rudi Rüssel“) erklärt: „Bei den Dreharbeiten in Halle habe ich miterlebt, wie die Menschen auch aus der weiteren Umgebung herbeipilgerten, mit sehr ambivalenten Gefühlen vor unserem Mauer-Set aus Pappe standen und ihren Kindern und Enkeln zu erklären versuchten, wie das damals war. Wie soll man den Nachgeborenen erklären, dass die Mauer eine Straße einfach in Längsrichtung durchteilte? Und eine ganze Stadt? Die Kinder begriffen das einfach nicht – nach dem Motto: ‚Wieso? Da hätte man doch …, da wäre ich einfach rübergeklettert.‘

 

In der Nachkriegszeit waren die Deutschen im Westen dann der ,Freiheitspropaganda‘ des Kapitalismus ausgesetzt, die als große Verheißung gern angenommen wurde. Auch die Menschen im Osten sehnten sich danach, gerieten aber von der NS-Diktatur gleich in eine neue, die stalinistische, die dann von der post-stalinistischen unter Ulbricht und später Honecker abgelöst wurde. Man wurde sehr streng beobachtet und geleitet, das Individuelle galt nichts. Wer sich in der Kunst, in der Musik ausdrücken wollte, musste einen gnadenlosen Kampf ausfechten. Sowohl der Mauerbau als auch der Mauerfall stellen dabei eine enorme Zäsur dar. Man kann die Bedeutung für die Menschen gar nicht hoch genug einschätzen.“

 

Peter Timm sagt: „Ich beschäftige mich mit dieser Zeit nicht, weil ich mich als Historiker sehe, sondern weil ich in dieser bedrückenden Zeit, die die Menschen auf vielfältige Art beherrschte, sehr viele Einzelschicksale und Geschichten entdecke – es lohnt sich, diese zu erzählen. Ich bin selbst betroffen: Ich musste meinen zweijährigen Sohn verlassen, als ich aus der DDR ausgebürgert wurde. Ich habe ihn erst wiedergesehen, als er 19 Jahre alt war – als die Mauer fiel. Solche Geschichten gibt es viele, auch extremere als meine. Diese Geschichten werden heute erzählt, aber sie sind nicht wirklich vorstellbar – deshalb werden wir sie auch noch viele weitere Jahre filmisch und literarisch erzählen: wie wir die Mauer, das System überwunden haben, wie wir den Mut dazu fanden, wie wir vor Angst fast erstickten.“

 

„Meine persönliche Erfahrung ist direkt in ‚Liebe Mauer‘ eingegangen: die Auseinandersetzung mit der Staatssicherheit, dem Major Kutzner – das habe ich selbst erlebt“, berichtet der Regisseur. „Das ist die Sprache der Stasi, so haben diese Leute gedacht. Das ist die Konfrontation mit der Macht. Ein Armeeangehöriger wurde sofort beargwöhnt, wenn er nur freundlich war, schon gar, wenn er Kontakt zu einem Besucher aus dem Westen aufnahm oder auch nur einem alten Menschen half.

 

„In ‚Liebe Mauer‘ sind es zwei Liebende, die überhaupt nicht an Politik interessiert sind. Aber ihre Liebe dient der Stasi als Mittel zum Zweck, denn Sascha ist erpressbar: Man kann ihm alle Werkzeuge zeigen, mit denen man ihn misshandeln wird – seelisch und auch körperlich (mit hoher Haftstrafe). Eigentlich gibt es für die zwei keinen Ausweg. Weil ich die Geschichte im Herbst 1989 spielen lasse, gibt es für das Liebespaar ein Happy End. Aber man kommt doch sehr schnell auf die Idee zu fragen: Was wäre gewesen, wenn sich die Geschichte 1988 zugetragen hätte? Die Liebenden wollen zunächst ihre Gefühle ausleben. Die anderen haben ganz andere Motive. Erst am Ende erreichen alle dasselbe Ziel: Sie haben instinktiv Zivilcourage bewiesen und ihre Freiheit erkämpft. Sie haben sich ihre Liebe nicht nehmen lassen und etwas gewagt. Franzi ist anfangs mutiger, weil sie von dem Druck, der auf Sascha lastet, kaum etwas ahnt.

 

Warner Bros. Pictures präsentiert
eine Relevant Film Produktion
in Co-Produktion mit Tradewind Pictures
ein Film von Peter Timm

 

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vom 05. Januar 2010