Von den Zeichen der Natur zu den Zeichen der Kunst

 

Spurensuche

nach dem Ursprung der Kunst

 

Ein Buch von Kurt Beat Hebeisen   Haupt Verlag Bern

 

Wie fand der Mensch zu seiner Kunst? Letztlich eine fundamental lebensbejahende Frage die gesamte Menschheit betreffend, welche auch niemand richtig beantworten kann, weil die Möglichkeiten dazu zu vielfältig sind. Deshalb kann dies nur eine Fangfrage sein, wer hier um welches Vorrecht buhlt. Mit anderen Worten, es ist der Versuch einen ausgemachten Streit zu entfachen, wer die erste Kunst erfand. Ohne richtige Auseinandersetzung wird dies nicht gehen. Das Buch von Kurt Beat Hebeisen gibt einen Ansatz, indem der Impuls etwas künstlerisch zu schaffen einem Handwerk zugeordnet gehört. Das ist jede Vorraussetzung um überhaupt ein Kunstwerk herzustellen. Weiteres ergibt sich auf Spurensuche.

Buchumschlag: Haupt Verlag   

Die ältesten Artefakte sind geritzte Knochen in Plakettenform oder als Stäbe. Diese können aus Horn oder Elfenbein sein und stammen aus einer Zeit vor etwa 35.000 bis 40.000 Jahren. Das ist eine Feststellung, die der Autor des Buches "Spurensuche" trifft. Objekte hatten zuerst symbolischen Charakter, dabei ging es nicht um eine naturalistische Darstellung.

 

Ur-Kunst, das heißt die gestalterischen Anfänge, so Hebeisen weiter, sind ausschließlich als optische und bildnerische Zeichen erhalten geblieben. Diese Zeichenwahrnehmung und die Objekte stehen im Mittelpunkt des Buches, das schön bebildert ist und damit einmal mehr zur Besinnung aufrufen will.

 

Im nächsten darauf aufbauenden Absatz ist die Rede von der prägenden Kraft der Zeichen. Dabei geht es weniger um Zeichensprache als vielmehr um Zeichensetzung oder -gebung. Von der Spur zum Bild und zur Magie beschreibt die Unterschiede, wenn dies auch der Kürze halber innerhalb von Rubriken geschieht. Die ausgewählten Bildbeispiele  stammen aus einer Region in Südwestfrankreich, den Cevennen und Felsgravierungen aus der Region des Mont Bégo. Aber auch andere Orte kommen vor. Die abgeschiedene Bergwelt hat es dem Autor dabei besonders angetan. Verknüpft mit den Fundorten zählen ausgedehnte Bergwanderungen, die durch Schluchten verlaufen und oftmals der einzige Weg sind, um den unwegsamen Zugang zu versteckten Fundorten in 2000 Meter Höhe zu erhalten.

 

Bei den vorgefundenen Gravierungen handelt es sich dann meistens um Zeichen wie Stierkopf oder Waffen wie Dolch und Hellebarden, aber auch geometrische Formen wie Gitter und Kreise sowie freie Tierformen und menschliche Figuren. Diese Motive sind gleichmäßig handflächengroß.

 

Interessant wird es bei der Frage, was richtiges Sehen ist, um damit die Teilnahme an der Welt zu haben. Welches Zusammenspiel der Sinne notwendig ist. Die Summe der grafischen Elemente, die sich aus dem optischen Wahrnehmungsbild und seiner Orientierung im Raum ergeben haben. Es geht um Marken in der Natur. Aber auch das Erkennen von Nuancen ist gefragt. Mit den Augen Wandern und visuellen Kontakt zur Umgebung herstellen.

 

Hier beginnen Gedanken zur Forschung zu werden. Denn was angedeutet wird, hat eine bewußtseinserweiternde Wirkung auf den Leser. Was nicht ideologisch gedeutet werden sollte, sondern zur Wachsamkeit führt und den gesunden Menschenverstand anmahnt, was in der zerklüfteten Bergwelt ohnehin immer der Fall sein sollte. Hebeisen fordert vom Zuschauer zum Gestalter zu werden. Der Leser sollte sich also nicht passiv auf Lektüre einstellen, sondern durch aktives Mitgestalten zum Handelnden verändern.

 

Recht spannend ist eine Beschreibung der Werkzeuge. Am Beispiel des Faustkeils, den es bereits beim Homo errectus vor 2 Millionen Jahren gab und davon über nahezu 2 Millionen Jahre hinweg das einzige Werkzeug blieb, das vom Menschen genutzt wurde. Der Autor hebt hier das Proportionsgefühl am Beispiel des Faustkeils hervor. Diese Geräte sind in ihrer Grundform keilförmig, symmetrisch und haben eine lange Mittelachse, die in einer Spitze zusammentreffen. Faustkeile weisen unabhängig von ihrer Größe die gleichen Proportionen auf, wozu im Diagramm der Verlauf einer Korrelation die Abweichungen von der Norm beschreibt, die allem Anschein nach nur geringfügige Abweichungen enthält. Das heißt, Faustkeile sehen in ihren Proportionen fast immer gleich aus.

 

Er entdeckt, wie Menschen die unerklärlichen kosmischen Zeichen für sich zu interpretieren versuchen. Dazu gehören Vorstellungen von einer belebten surrealen Welt. Die unerklärlichen Zeichen haben das Auftreten der Kunst erst möglich gemacht, lautet die Behauptung, kraft Magie und der Zeichen. Die Kunst erscheint erstmals mit dem Homo sapiens, führt Hebeisen aus und sieht den motorischen Kern in den archaischen Zeichenfolgen alter Steingravuren. Bis zur Kunst in den Höhlen ist es aber noch weit. Zuerst steht die eigentliche Bildwerdung bevor. Die Kunst der Vorstellung ist Vermittler zwischen Diesseits und Jenseits. Immer wieder kommt die Rede auf den so genannten Goldenen Schnitt, nicht nur bei den Faustkeilen, sondern auch bei den meisten anderen Darstellungen, was eine ausgesprochen anthropomorphe Sichtweise andeutet.

 

Gestaltungskonstanten in der Gegenwart werden erkannt, indem geschichtete Steinplatten auch heute eine bewährte Bauweise sind, um Einraumhäuser mit Kragkuppel und einem Sturz aus Stein über der Eingangsöffnung aufzustellen. Diese Übereinstimmungen der archaischen Bauweise läßt sich nach Ansicht Hebeisens weltweit einheitlich beobachten. Schließlich wird ein Schritt in die Moderne gezogen, was einmal mehr beweist, wie sehr der Autor am aktiven Mitarbeiten durch Zuschauer und Leser an den Werten seines Buches gelegen ist.

 

Spurensuche

nach dem Ursprung der Kunst

von Kurt Beat Hebeisen

Haupt Verlag, Bern

1. Auflage (März 2009)

208 Seiten, gebundene Ausgabe

Größe: 26,4 x 24 x 2 cm

Gewicht: 1125g

ISBN-10: 3258074356
ISBN-13: 978-3258074351

 

 

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vom  04. Oktober 2009