Der Vorleser
(USA/BRD 2008)
OT: The Reader
Regie: Stephen Daldry
Mit Kate Winslet, David Kross, Ralph
Fiennes, Bruno Ganz, Hannah Herzsprung, Karoline Herfurth,
Matthias Habich, Burghart Klaußner, Alexandra Maria Lara,
Jeanette Hain
Im Senator Filmverleih,
Bildformat: 1:1,85
Spieldauer: 124 Minuten
Kinostart 26. Februar 2009 |
DER
VORLESER erzählt die Geschichte von Michael Berg, einem Jungen, der
im Nachkriegsdeutschland aufwuchs und seine erste große
Liebesbeziehung zu einer geheimnisvollen, älteren Frau hat, die eine
zweifelhafte Vergangenheit und ein großes, persönliches Geheimnis zu
verbergen versucht. Es ist eine Geschichte über die Neugier und die
diffusen Schuldgefühle einer Generation, die nach dem Holocaust
erwachsen wurde. DER VORLESER handelt nicht zuletzt von der
enormen Kraft der Worte.
Autor
Bernhard Schlink veröffentlichte seinen semi-autobiographischen
Roman im Jahre 1995. Seitdem wurde dieser in 40 Sprachen übersetzt
und ist das erste deutsche Buch, das den Spitzenplatz der New York
Times-Bestsellerliste erreichte. Eines Tages, als Michael von der
Schule in der Straßenbahn nach Hause fährt, wird ihm plötzlich übel.
Schwindelig steigt er auf halber Strecke aus, torkelt in einen
Hauseingang und übergibt sich dort. Eine Frau (KATE WINSLET) kümmert
sich um ihn und bringt ihn nach Hause. Sie ist wortkarg, ein wenig
ruppig fast, und dennoch fürsorglich.
Mehrere Monate muß der Junge das Bett hüten,
bis er sich mit einem Blumenstrauß bei seiner Helferin bedanken
kann. Fast magisch fühlt er sich von der unbekannten Frau angezogen.
Fast täglich besucht Michael nach der Schule Hanna. Es entfesselt
sich eine leidenschaftliche Affäre. Für Michael ist es seine erste
Liebe. Und auch wenn Hanna sich um eine emotionale Distanz bemüht
und Michael beharrlich bloß „Junge“ nennt, wird schnell deutlich,
daß auch sie sich aufrichtig verliebt hat. Einen Sommer lang währt
Michaels und Hannas unbeschwertes Glück.
Hanna überrascht Michael mit einer unerwartet großen Leidenschaft
für Bücher. Sie lässt sich von Michael stundenlang vorlesen vor
allem klassische Literatur. Michael entdeckt nicht, daß Hanna
Analphabetin ist. Er glaubt, sie genieße es bloß, vorgelesen zu
bekommen.
Eines Tages jedoch ist Hanna spurlos verschwunden. Ihre Wohnung ist
leer. Es gibtkeine Nachricht von ihr, keine Erklärung. Michael ist
plötzlich wieder allein. Jahre später, Michael studiert Jura in
Berlin. Mit einer Arbeitsgruppe seines Pofessors (BRUNO GANZ)
besucht er als Zuschauer einen Prozeß, in dem sich fünf ehemalige
Wärterinnen des KZs Auschwitz für ihre Taten verantworten müssen.
Ihnen wird 300facher Mord vorgeworfen, da sie jüdische Häftlinge in
einer verschlossenen Kirche erbarmungslos verbrennen ließen. Michael
erstarrt, als er sieht, wer mit auf der Anklagebank sitzt: Hanna
Schmitz, seine Liebe aus Jugendtagen.
Als Michael den Aussagen der einzigen
Überlebenden (LENA OLIN) und ihrer Tochter (ALEXANDRA MARIA LARA)
zuhört, kann er es nicht fassen. Als er dann Hannas erschreckend
pragmatische und kühle Schilderung der Vorgänge hört, bricht ihm das
Herz. Hanna scheint sich keiner Schuld bewußt. Sie hat einfach nur
getan, was man ihr sagte. Sie wirkt völlig erschöpft, gefühllos,
aufrichtig ahnungslos, was für eine unfaßbare Schuld sie auf sich
geladen hat.
Michael ist hin und her gerissen zwischen
seiner Abscheu und seinem Entsetzen über Hannas Taten und die große
Liebe, die er einst für diese Frau empfunden hat – und scheinbar
immer noch fühlt. Dann nimmt der Prozess eine Wendung, die Michael
endgültig aus der Bahn wirft: Während alle anderen Angeklagten die
Taten leugnen, gibt Hanna ehrlich Auskunft über die furchtbaren
Ereignisse. Die vier anderen angeklagten ehemaligen KZ-Wärterinnen
beschuldigen Hanna nun, die befehlshabende Wärterin gewesen zu sein
und somit die Hauptschuld zu tragen.
Hanna soll es gewesen sein, die ein besonders
belastendes Dokument geschrieben hat. Als der Richter (BURKHART
KLAUßNER) Hanna mit dem Vorwurf konfrontiert und eine Schriftprobe
von ihr verlangt, gerät sie in Panik. Das ist der Moment in dem
Michael die Augen aufgehen: Hanna ist Analphabetin. Und sie schämt
sich so sehr dafür, dass sie nach kurzem Zögern alle Schuld auf sich
nimmt. Ihre Mit-Angeklagten kommen somit als Beihelferinnen mit
etwas mehr als vier Jahren Haft davon, während Hanna zu
lebenslänglich verurteilt wird. Einen Besuchstermin bei Hanna im
Gefängnis, den er beantragt hat, läßt er im letzten Moment
verstreichen.
Die
Erinnerung an Hanna und seine ambivalenten Gefühle ihr gegenüber
verfolgen Michael über viele Jahre. Sie sind schmerzlich und
überschatten all seine Beziehungen zu anderen Menschen. Um sich
Klarheit zu verschaffen, besucht Michael die Gedenkstätte in
Auschwitz und versucht sich vor Augen zu führen, was die Frau, die
er liebte, hier getan hat.
Für Michael führt kein Weg zurück. Und doch empfindet er noch immer
so viel Liebe für Hanna, daß er ihr einen Kassettenrekorder ins
Gefängnis schickt und auch regelmäßig Kassetten, auf denen er ihr
ganze Bücher vorliest. Hanna findet darin Halt. Allmählich beginnt
die gealterte Frau sich anhand der Kassetten und der entsprechenden
Bücheraus der Gefängnisbibliothek Lesen und Schreiben beizubringen.
Nach Jahren schreibt sie Michael einen ersten kurzen Brief. Doch er
antwortet ihr nicht.
Darsteller
Kate Winslet - Hanna Schmitz
Ralph Fiennes - Michael Berg
David Kross - Der junge Michael Berg
Lena Olin - Rose Mather / Ilana Mather
Bruno Ganz - Professor Rohl
Jeanette Hain - Brigitte
Susanne Lothar - Carla Berg
Matthias Habich - Peter Berg
Jürgen Tarrach - Gerhard Bade
Hannah Herzsprung - Julia
Karoline Herfurth - Marthe
Burghart Klaußner - Richter
Sylvester Groth - Staatsanwalt
Alexandra Maria Lara - Die junge
Ilana Mather |
Stab
Regie - Stephen Daldry
Drehbuch - David Hare
Nach dem Roman von Bernhard Schlink
Produzenten - Anthony Minghella
Sydney Pollack
Donna Gigliotti
Redmond Morris
Ausführende Produzenten - Bob und Harvey
Weinstein
Ko-Produzent - Henning Molfenter
Christoph Fisser
Carl „Charlie“ Woebcken
Associate Producers - Michael Simon de Normier
Tarik Karam
Nora Skinner
Marieke Spencer
Kamera - Chris Menges
Roger Deakins
Musik - Nico Muhly
Schnitt - Claire Simpson
Ausstattung - Brigitte Broch
Kostüme - Ann Roth |
Produktionsnotizen
Harvey Weinstein und Miramax Films kauften die
Filmrechte an DER VORLESER bereits 1996. Weinstein holte Anthony
Minghella und dessen Produktionspartner Sydney Pollack an Bord.
Es gibt 252 Filme über die Judenvernichtung“, ergänzt
Regisseur Daldry. „Und ich hoffe, es wird mindestens noch einmal
genauso viele dazu geben. Es sind wichtige Filme. Doch
DER VORLESER
ist etwas anderes. Es ist ein eigenwilliger Film, ein
Film, der keine Erwartungen erfüllt. So entpuppt sich zum Beispiel
eine der Schlüsselfiguren, die das Grauen der
Konzentrationslagerüberlebte, nicht als schwach und gebrochen,
sondern als starke, moralisch und intellektuell unbeugsame
Persönlichkeit.“
Im Gegensatz zu Schlinks Roman, der
seine Geschichte chronologisch erzählt, springt der Film durch die
Zeiten. Durch diese dramaturgische Struktur verfolgt der Zuschauer
die Figuren in Segmenten der 50er bis in die 90erJahre und wieder
zurück. David Hare betrachtete diese Herangehensweise als spannende
und unorthodoxe Art, dem Stoff gerecht zu werden– und als eine gute
Möglichkeit, diesem „nervtötenden unsichtbaren Erzähler“ zu
entgehen, der leider allzu oft durch Romanadaptionen führt.
gefördert von: Filmstiftung
Nordrhein-Westfalen, Filmförderungsanstalt (FFA),
Medienboard Berlin-Brandenburg, Mitteldeutsche Medienförderung (MDM),
Deutscher Filmförderfonds (DFFF) |