Der
viel bedeutende erste Satz im Roman lautet: "Können Wir einen
Krieg vermeiden?, fragte die Kaiserin." Damit ist Maria Theresia
von Österreich gemeint, die ihrem Sohn, Kaiser Joseph II. diese Frage
stellt. Die historisch relevante Antwort darauf wird sein: "Den
Krieg können wir nicht vermeiden", denn Preußen wird sich das
nicht gefallen lassen. Am nächsten Tag marschierten die Truppen
in Niederbayern und Oberpfalz. Historische Daten, wie sie für
Geschichtsbücher festgehalten werden. Wenn dann der "Alte Fritz"
daher schreitet und die neusten Ereignisse in Bayern
kommentiert, ist das Veranschaulichung. Doch eigentlich beginnt
der Roman so richtig erst einige Seiten weiter mit dem ersten
Kapitel. Der Anfang bildet nur eine Art Prolog, um in das
Zeitgeschehen einzusteigen. Der Text beginnt abrupt. Wir
befinden uns im Jahre 1778, es sind Jahre voll der
kriegerischen Auseinandersetzungen, von denen das zerteilte Reich deutscher
Länder von je her betroffen war.
Das sich in verschiedene Fürstentümer und Königreiche
unterteilte und wie ein Flickenteppich weit entfernt ist von der
deutschen Einheit.
Zu Inhalt und Aufbau
Der Roman besteht auf 510 Seiten insgesamt
aus vier Teilen, die wiederum in mehrere numerische Abschnitte
unterteilt sind. Jeder Teil verfügt über eine eigene
Überschrift: "Dem Hof ein Fels", "Riki", "In Treue fest" und
"Dunkle Tage". Die Überschriften erklären sich zunächst nicht
von selbst. Nach Ausbruch des Krieges in Bayern reist der
Diplomat im ersten Teil zu Friedrich dem Großen. Während seiner
Unterredungen mit dem König werden Entscheidungen territorialer
Bedeutung getroffen. Der zweite Teil widmet sich Riki, womit
Hofenfels Frau Friederike gemeint ist. Im dritten Teil besucht
die Gesellschaft zahlreiche Schlösser und Residenzen mit der
Reisekutsche, wie Darmstadt, Mannheim oder Forbach. Dann kommt Mannlich ins Spiel, der mit dem Bau von Schloß Carlsberg
beauftragt wird, das zum gesellschaftlichen Mittelpunkt seiner
Zeit, am Wendepunkt vom Barock zum Rokoko steht und dort
zu fürstlichen Festlichkeiten einlädt. Die Beziehungen zu
Ländern wie Russland und Frankreich werden angeschnitten. Der
vierte Teil gehört wieder Hofenfels, der hier in einem viel zu
frühen Alter nach einer Krankheit stirbt.
Der Roman schildert regionale Ereignisse
mit überregionalen Auswirkungen. Es ist die Zeit in der sonst
Mantel- und Degenfilme spielen. Geheimdienste und die
europäische Diplomatie hatten Hochkonjunktur. Intrigen
beherrschten die Höfe der Königshäuser in den Jahren vor der
Französischen Revolution, wovon sich der Roman aber nicht allein
aufzehren läßt. Ein Wort am Schluß erklärt, die
Maximilian abschließend äußert: "Wir haben Hofenfels viel zu
verdanken" - ohne ihn wäre Maximilian I. freilich kein König
geworden und so steht im Roman weiter geschrieben: "Ohne Hofenfels gäbe es kein freies Bayern".
Die Abbildung auf dem Buchumschlag wurde
unter Vorlage des Gemäldes "Johann Christian von Hofenfels" von
Anton Graff verwendet. Der Titelschriftzug auf der Umschlagseite
hätte dabei in weißer oder zumindest in heller Überhöhung eine
noch viel bessere Wirkung. Hier einige Schlagwörter die im Roman
vorkommen: Schloß Nymphenburg, Sanssouci Friedrich der Große, Kaiserin
Maria Theresia, Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten, Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe.
Fazit
Es stellt sich die Frage, was will der
Autor mit seinem Buch erreichen? Eine Biographie zu Hofenfels
ist bereits im Jahre 1990 von Carl Schuster unter dem Titel
"Spiegelgespräche des Johann Christian von Hofenfels" publiziert
worden. Ein zweites Buch ist deshalb zusätzlicher Natur. Bei historischen Romanen ist zu beachten, welche Form von
Staat vertreten wird. Das kann von 1778 - 1787 nur ein
absolutistischer sein, die Monarchie hatte das alleinige
Überlebensrecht. Denn Demokratie in unserem Sinne gab es nicht.
Es geht im Roman keinesfalls um Utopien, wie sie in diesen
Jahren auch schon in Mode waren, sondern um das Recht der
Selbstbehauptung und um Autonomie.
Ralf Kurz bezieht sich in seinen Quellen
über Hofenfels auf eine Arbeit von Herta Mittelberger aus dem
Jahre 1934. Der Roman ist darin Baustein. Wichtig für seine
Bedeutung ist die Verankerung im Geschichtlichen. Im
diplomatischen Dienst findet Hofenfels Bedingungen und
Voraussetzungen vor, denen er vor sich und mit seinem Gewissen
bereit ist Rechenschaft abzulegen. Das wird ihm postum
bescheinigt, denn ohne ihn wäre die Freiheit Bayerns nicht
möglich gewesen.
Es geht vordergründig um die Aktualisierung
geschichtlicher Inhalte, was im Roman durch die Anwesenheit des
Welttheaters eine überzeitliche Dimension erhält. Die
künstlerische Intention ist ein nützlicher Begleiter bei der
Darstellung der scheinhaften Wirklichkeit. Der Roman verläuft in
der Addition seiner Ereignisse dann eher linear, als daß er
einer bestimmten Allegorik folgt, wie das für die Epoche des
Barock üblich gewesen wäre. Von Revolutionsliteratur zu sprechen
wäre dennoch übertrieben. Hofenfels ist auch kein Stürmer und
Dränger, sondern will loyaler Gefolgsmann sein, der sich der
Kausalität innerer Zusammenhänge verschrieben hat, bedingt durch
die Epoche und den regionalen Verhältnissen.
Der Diplomat
von Ralf Kurz
Roman
Schillinger Verlag, Freiburg im Breisgau
1. Auflage (Oktober 2008)
510 Seiten, gebunden
Größe: 21,2 x 15,2 x 3,8 cm
Gewicht: 750g
ISBN-10: 3891553439
ISBN-13: 978-3891553435
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