Kulturexpress

 

Flemming Kaul aus dem dänischen Nationalmuseum Kopenhagen in einem Vortrag zum Thema: Das Schiff im Sonnenkult des Nordens

 

 

In einer aufregenden Aktion wurde das 18 Meter lange Boot nach Frankfurt gebracht. Hjortspring - das Kriegsschiff aus dem Opfermoor, läuft noch bis zum 24. Juni 2007. Zahlreiche Beilagen belegen, welche Bedeutung das Schiff an seinem Kultplatz in Dänemark gehabt haben mußte, das dort um 350 v. Chr. zu Beginn der Eisenzeit vergraben wurde. Das aus Lindenholzplanken genähte Boot wurde 1921 bei Ausgrabungen entdeckt. Flemming Kaul betrachtet den Fund nicht nur als Kriegsschiff, sondern erklärt die Bedeutung in seiner Gegendarstellung als Fruchtbarkeitssymbol. Danach war das Schiff in der Mythologie der Menschen aus Dänemark, Schweden und Norwegen, aber auch in manchen Gegenden in Deutschland mit Bezug zur Meeresküste zwischen 1500 – 350 v. Chr. ein Fahrzeug, das vor allem den Transit der Sonne über den Himmel wiedergab.

Foto: Maass

Flemming Kauls Vortrag zum Thema: „Das Schiff im Sonnenkult des Nordens“ wurde am 21. März abends um 19 Uhr im Archäologischen Museum im Karmeliterkloster in Frankfurt am Main durch einen Lichtbildvortrag begleitet. Nebenan im gleichen Saal steht das 18 Meter lange Ausstellungsstück, Hjortspring - das Kriegschiff aus dem Opfermoor in Dänemark noch bis 24. Juni 2007.

                                                                                                                                              

Zu dem Schluß, daß es sich bei dem Schiff um Fortbewegungsmittel für die Sonne handelte, kamen die Wissenschaftler nach Betrachtung und Deutung zahlreicher Felsbilder, die sich an den verschiedenen Orten in Dänemark, Schweden und bis Trondheim in Norwegen, aber auch in manchen Gegenden in Deutschland mit Bezug zur Meeresküste zahlreich wiederfinden.

 

Verknüpft war das Schiff immer wieder mit Symbolen wie Pferd und Schlange, die ebenfalls Bewegung und Geschwindigkeit der Sonne über das Firmament wiedergaben. In manchen Darstellungen ist es ein göttliches Pferd, das die Sonne zieht. Das interessante daran ist, die Sonne wird nicht als fixiertes Objekt, sondern als Moment der Bewegung aufgefaßt. Das Schiff ist ein immer wiederkehrendes Leitmotiv der Bronzezeit.

 

Während die Menschen in noch früheren Zeiten den Mond als Hauptgestirn ansahen, fand innerhalb der Bronzezeit ein Wandel statt, der die Sonne zum Hauptgestirn erhob. Die Menschen erkannten seither die lebensspendende und bejahende Bedeutung der Sonne.

Skizzen: Maass

 1. 

 

Mischung aus Pferd und Schlange. Es handelt sich nicht um einen Drachen wie aus mittelalterlichen Überlieferungen bekannt, sondern um ein Schlangenpferd.

 2.

 

 

Steinernes Sonnensymbol, in real ganz rund gefaßt.

 3.

 

 

Radkreuz als weithin überliefertes  Sonnensymbol.

 

 

Bestes Beispiel für diesen Wandel von einem Glauben zum anderen zu religiösen Zwecken und vom Mond zur Sonne, ist der Sonnenwagen von Trundholm. Aber auch die Himmelsscheibe von Nebra fand in Kauls Vortrag Erwähnung. Sie zeige beide Hauptgestirne und dazu eine Barke, die nachträglich auf die Scheibe aufgebracht wurde und symbolisch als himmlisches Transportmittel verstanden wird. Wobei die Himmelsscheibe von Nebra das Schiff nicht als zentrales Thema beinhaltet.

 

Es gibt keine schriftlichen Zeugnisse über die Bedeutung der abgebildeten Schiffe in der Bronzezeit des Nordens, deshalb werden Bilder zur Betrachtung herangezogen. Das Schiff segelt meist von links nach rechts, diese Richtung ist festgelegt, denn sie gibt den Verlauf der Sonne an. Oft taucht in diesen Darstellungen ein Pferd mit der Sonne an der Leine auf.  Das himmlische Pferd springt und landet geradeso mit den Hinterbeinen in der Höhe. Interessanterweise gibt es Tages- und auch noch Nachtschiffe. Mit der Besatzung der mythologischen Schiffe sind die Seelen der Toten  gemeint, die vom Tag in die Nacht gleiten. Der Sonnenkult ist demnach äquivalent zum Totenkult der nordischen Krieger in der Bronzezeit zu verstehen. Das Schiff ist dann auch transportabler Tempel.

 

Die Schlange wiederum ist im Glauben der nordischen Mythologie der Bronzezeit im Gegensatz zur jüdisch-christlichen Mythologie ein neutrales Wesen und nicht böse. Die Schlange hilft durch ihre schlängelnden Bewegungen sogar der Sonne in ihrer Reiserichtung. Tierische Götter kommen ganz allgemein häufiger vor, weniger als es menschliche Götter sind. So war das auch schon in Ägypten zu dieser Zeit. Dennoch konnte die Sonne in der nordischen Bronzezeit als menschliche Gestalt auftreten.

 

In Tanum, Weltkulturerbe an der südschwedischen Westküste, finden sich Tausende Felsbilder mit Schiffsdarstellungen. Der Ort war ein religiöser Sammlungsplatz. Die Bilder haben meist stark vegetativen Charakter. Dazu zählen Knospen, Triebe und Blätter. Sie bestimmen den Ausdruck der Abbildungen, was wie ein Stil oder eine Mode zu verstehen ist.

 

Gehörnte Helme dienten ausschließlich als Kultzeremonieobjekte. Der Bauchtanz der Frauen wird als symbolische Sonnenreise gedeutet. Ende der Bronzezeit geht der Sonnenkult jedoch unter. Es ist der Beginn der Eisenzeit. Neue Herausforderungen standen den Menschen bevor, so verdrängten die schweren Waffen aus Eisen die leichteren aus Bronze.  Rolf E.Maass

 

 

Hier auch der Artikel zur Ausstellung über die Himmelsscheibe von Nebra "Der geschmiedete Himmel" in Basel im Februar 2007  Weiter... 

 

Flemming Kaul hat Aufsätze zu diesem Thema verfaßt, unter anderem:

  • Kaul, Flemming: Der Mythos von der Reise der Sonne. Darstellungen auf Bronzegegenständen der späten Bronzezeit. In: Gold und Kult der Bronzezeit. (Ausstellungskatalog). Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2003. ISBN 3-926982-95-0

 

 

Nichts hat die Symbolwelt des Nordens so sehr geprägt wie das Schiff. Vor allem auf den skandinavischen Felsritzungen der Bronzezeit ist es allgegenwärtig, wo auch Schiffe vom Typ Hjortspring häufig wiedergegeben sind.

 

1921 - 22 wurden im Hjortspring-Moor auf der dänischen Insel Alsen die Reste eines 18 m langen Bootes ausgegraben, zusammen mit zahlreichen Waffen und Geräten. Boot und Waffen waren um 350 v.Chr., zu Beginn der Eisenzeit, feierlich in das Moor niedergelegt worden. An vielen Plätzen Südskandinaviens opferte man die Ausrüstung geschlagener Heere einer Gottheit, zumeist in einem See oder Moor. In Hjortspring hat man vermutlich die Waffen und ein Boot eines Heeres versenkt, das über See kommend die Insel Alsen angegriffen hatte, aber geschlagen worden war. Es ist das älteste der großen Kriegsbeuteopfer im Norden.

Das aus Lindenholzplanken "genähte", mit schnabelartigen Steven versehene "Hjortspringboot" wurde durch Paddel angetrieben und gesteuert. Seine Besatzung bestand aus 18 "gemeinen Soldaten" und 4 "Offizieren". Es steht in der bronzezeitlichen Schiffsbautradition Skandinaviens und markiert einen gegen 500 v. Chr. vollzogenen Funktionswandel bei größeren Wasserfahrzeugen von ziviler zu militärischer Nutzung.

Das antike Kanu wurde in siebenjähriger Arbeit vom Alsener Verein "Hjortspringbådens Laug" und zahlreichen Fachleuten originalgetreu nachgebaut und zu Wasser erprobt. Dabei verwendete man nur Werkzeuge, Techniken und Materialien, die auch in der Eisenzeit genutzt wurden.

Bei seiner Erprobung erwies es sich als flexibles, robustes und seetüchtiges Schiff - ein ausgezeichnetes Kriegsfahrzeug für schnelle Überfälle, mit dem man im gesamten Ostseeraum operieren konnte.[1]


[1] Quelle dieser Angaben:

 http://www.archaeologisches-museum.frankfurt.de/sonderausstellung/sonderausstellung.htm

 

 

 

 

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vom  20. April 2007