Flemming
Kauls Vortrag zum Thema: „Das Schiff im Sonnenkult des Nordens“
wurde am 21. März abends um 19 Uhr im Archäologischen Museum im Karmeliterkloster in Frankfurt am Main durch einen Lichtbildvortrag begleitet.
Nebenan im gleichen Saal steht das 18 Meter lange Ausstellungsstück, Hjortspring - das Kriegschiff aus dem Opfermoor in Dänemark noch bis
24. Juni 2007.
Zu dem
Schluß, daß es sich bei dem Schiff um Fortbewegungsmittel für die
Sonne handelte, kamen die Wissenschaftler nach Betrachtung und
Deutung zahlreicher Felsbilder, die sich an den verschiedenen Orten
in Dänemark, Schweden und bis Trondheim in Norwegen, aber auch in
manchen Gegenden in Deutschland mit Bezug zur Meeresküste zahlreich
wiederfinden.
Verknüpft
war das Schiff immer wieder mit Symbolen wie Pferd und Schlange, die
ebenfalls Bewegung und Geschwindigkeit der Sonne über das Firmament
wiedergaben. In manchen Darstellungen ist es ein göttliches Pferd,
das die Sonne zieht. Das interessante daran ist, die Sonne wird
nicht als fixiertes Objekt, sondern als Moment der Bewegung
aufgefaßt. Das Schiff ist ein immer wiederkehrendes Leitmotiv der
Bronzezeit.
Während
die Menschen in noch früheren Zeiten den Mond als Hauptgestirn
ansahen, fand innerhalb der Bronzezeit ein Wandel statt, der die
Sonne zum Hauptgestirn erhob. Die Menschen erkannten seither die
lebensspendende und bejahende Bedeutung der Sonne.
Skizzen: Maass
1.
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Mischung aus
Pferd und Schlange. Es handelt sich nicht um einen Drachen
wie aus mittelalterlichen Überlieferungen bekannt, sondern
um ein Schlangenpferd. |
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Steinernes Sonnensymbol, in
real ganz rund gefaßt. |
3. |
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Radkreuz als weithin
überliefertes Sonnensymbol. |
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Bestes
Beispiel für diesen Wandel von einem Glauben zum anderen zu
religiösen Zwecken und vom Mond zur Sonne, ist der Sonnenwagen von
Trundholm. Aber auch die Himmelsscheibe von Nebra fand in Kauls
Vortrag Erwähnung. Sie zeige beide Hauptgestirne und dazu eine
Barke, die nachträglich auf die Scheibe aufgebracht wurde und
symbolisch als himmlisches Transportmittel verstanden wird. Wobei
die Himmelsscheibe von Nebra das Schiff nicht als zentrales Thema
beinhaltet.
Es gibt
keine schriftlichen Zeugnisse über die Bedeutung der abgebildeten
Schiffe in der Bronzezeit des Nordens, deshalb werden Bilder zur
Betrachtung herangezogen. Das Schiff segelt meist von links nach
rechts, diese Richtung ist festgelegt, denn sie gibt den Verlauf der
Sonne an. Oft taucht in diesen Darstellungen ein Pferd mit der Sonne
an der Leine auf. Das himmlische Pferd springt und landet
geradeso mit den Hinterbeinen in der Höhe. Interessanterweise gibt es Tages- und auch noch
Nachtschiffe. Mit der Besatzung der
mythologischen Schiffe sind die Seelen der Toten gemeint, die
vom Tag in die Nacht gleiten. Der Sonnenkult ist demnach äquivalent
zum Totenkult der nordischen Krieger in der Bronzezeit zu verstehen.
Das Schiff ist dann auch transportabler Tempel.
Die
Schlange wiederum ist im Glauben der nordischen Mythologie der
Bronzezeit im Gegensatz zur jüdisch-christlichen Mythologie ein
neutrales Wesen und nicht böse. Die Schlange hilft durch ihre
schlängelnden Bewegungen sogar der Sonne in ihrer Reiserichtung.
Tierische Götter kommen ganz allgemein häufiger vor, weniger als es
menschliche Götter sind. So war das auch schon in Ägypten zu dieser
Zeit. Dennoch konnte die Sonne in der nordischen Bronzezeit als
menschliche Gestalt auftreten.
In Tanum,
Weltkulturerbe an der südschwedischen Westküste, finden sich
Tausende Felsbilder mit Schiffsdarstellungen. Der Ort war ein
religiöser Sammlungsplatz. Die Bilder haben meist stark vegetativen
Charakter. Dazu zählen Knospen, Triebe und Blätter. Sie bestimmen
den Ausdruck der Abbildungen, was wie ein Stil oder eine Mode zu
verstehen ist.
Gehörnte
Helme dienten ausschließlich als Kultzeremonieobjekte. Der Bauchtanz
der Frauen wird als symbolische Sonnenreise gedeutet. Ende der
Bronzezeit geht der Sonnenkult jedoch unter. Es ist der Beginn der
Eisenzeit. Neue Herausforderungen standen den Menschen bevor, so
verdrängten die schweren Waffen aus Eisen die leichteren aus Bronze.
Rolf E.Maass
Hier auch der Artikel zur Ausstellung über die Himmelsscheibe von
Nebra "Der geschmiedete Himmel" in Basel im Februar 2007
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Flemming
Kaul hat Aufsätze zu diesem Thema verfaßt, unter anderem:
- Kaul, Flemming: Der Mythos von der Reise der Sonne.
Darstellungen auf Bronzegegenständen der späten Bronzezeit. In:
Gold und Kult der Bronzezeit. (Ausstellungskatalog).
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2003.
ISBN
3-926982-95-0
Nichts hat
die Symbolwelt des Nordens so sehr geprägt wie das Schiff. Vor allem
auf den skandinavischen Felsritzungen der Bronzezeit ist es
allgegenwärtig, wo auch Schiffe vom Typ Hjortspring häufig
wiedergegeben sind.
1921 - 22 wurden
im Hjortspring-Moor auf der dänischen Insel Alsen die Reste eines 18
m langen Bootes ausgegraben, zusammen mit zahlreichen Waffen und
Geräten. Boot und Waffen waren um 350 v.Chr., zu Beginn der
Eisenzeit, feierlich in das Moor niedergelegt worden. An vielen
Plätzen Südskandinaviens opferte man die Ausrüstung geschlagener
Heere einer Gottheit, zumeist in einem See oder Moor. In Hjortspring
hat man vermutlich die Waffen und ein Boot eines Heeres
versenkt, das über See kommend die Insel Alsen angegriffen hatte,
aber geschlagen worden war. Es ist das älteste der großen
Kriegsbeuteopfer im Norden.
Das aus
Lindenholzplanken "genähte", mit schnabelartigen Steven versehene "Hjortspringboot"
wurde durch Paddel angetrieben und gesteuert. Seine Besatzung
bestand aus 18 "gemeinen Soldaten" und 4 "Offizieren". Es steht in
der bronzezeitlichen Schiffsbautradition Skandinaviens und markiert
einen gegen 500 v. Chr. vollzogenen Funktionswandel bei größeren
Wasserfahrzeugen von ziviler zu militärischer Nutzung.
Das antike Kanu
wurde in siebenjähriger Arbeit vom Alsener Verein "Hjortspringbådens
Laug" und zahlreichen Fachleuten originalgetreu nachgebaut und zu
Wasser erprobt. Dabei verwendete man nur Werkzeuge, Techniken und
Materialien, die auch in der Eisenzeit genutzt wurden.
Bei seiner
Erprobung erwies es sich als flexibles, robustes und seetüchtiges
Schiff - ein ausgezeichnetes Kriegsfahrzeug für schnelle Überfälle,
mit dem man im gesamten Ostseeraum operieren
konnte.
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