Kolumne

Mietpreise an die Verhältnisse der Mieter anpassen

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Wohnungsbau

Demonstrieren statt Handeln könnte die Devise lauten. Denn das Recht auf Enteignung wird schwerlich durchsetzbar sein. Auch wenn die Gesetzesvorlage dafür Bedingungen liefert, so geht es letztlich darum, Mietpreise auf dem freien Wohnungsmarkt zu lockern und den sozialen Wohnungsbau zu stärken und positiver in den Vordergrund zu stellen. Doch wo bleibt die freie Marktwirtschaft, die sich an Bedürfnissen der Bürger orientiert? Hat sie sich verselbständigt und benötigt Richtungsweisungen. Das gesamte Parteienspektrum ist gefragt. Die Vergesellschaftung aus privaten Händen in öffentliche zu übertragen, wäre ein Novum in der bundesrepublikanischen Geschichte. Aber ein Notstand ist vorhanden.

Menschlich gesehen ist es schon ein Unding, wenn große Teile des Einkommens für Mietkosten bezahlt werden müssen. Von der bestehenden Wohnqualität ganz zu schweigen. Lebensqualität entwickeln haben sich die Wohnungsbaugesellschaften nicht gerade auf die eigenen Fahnen geschrieben. Was Bewohner lieber gleich selbst mitbringen, um das Quäntchen an Lebensqualität zu bewahren.

Am Wochenende sind viele Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, was zu einem gesellschaftlichen Dilemma geworden ist. Mieten und Modernisierungskosten werden in der Zahlungskette auf die Schwächsten und damit auf den Mieter abgewälzt. Immer wieder wird der Versuch unternommen von Seiten der Wohnbaugesellschaften an der Mietpreisschraube nach oben zu drehen. Wobei es solche und solche bei den Unternehmen gibt. Begründet wird die Erhöhung mit ständig steigenden Immobilienpreisen und steigenden Modernisierungs- und Instandhaltungskosten. Weitaus schwieriger ist es, überhaupt Wohnraum in der Stadt zu finden. Ganz abgesehen von der Gentrifizierung ganzer Stadtteile und der Umwandlung in Luxuswohnungen, womit ein völlig neues Kapitel aufgeschlagen und neues Klientel angezogen werden soll. Wie soll das zu bewältigen sein? Aber auch auf dem Land ist es nicht einfach zur Miete zu wohnen. Das meiste auf dem Land gehört Eigentümern, steht damit dem Wohnungsmarkt gar nicht erst zur Verfügung. Was den Suchenden bleibt, ist die Flucht in die Stadt, um dort Bleibe zu finden.

Abhilfe schaffen sollen neue Baukonzepte, wie sie etwa serielles Bauen vorgeben. Hierfür werden taugliche Entwürfe und umsetzbare Konzepte benötigt. Einigung auf diesem Gebiet wird auf Bundesebene kaum zu verwirklichen sein. Es sei denn, der Gesetzesgeber greift ein und veranlasst entsprechende Vorgaben für eine serielle Musterbauweise. Meiner Meinung haben lokale Unterschiede in der Bautradition hohen Einfluss auf das jeweilige Bauvorhaben. Was Vorteile hat, der Individualität des Ortes kommt damit mehr Geltung zu. Eine weitere Möglichkeit ist die Nachverdichtung. Durch Aufstockungen auf schon bestehende Gebäude, kann zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Viele der Aufstockungen sind aus Holz konstruiert, ein leichtes Baumaterial damit Fundamente das Gewicht aushalten. Die vorgefertigte Modulbauweise, wenn sie sich erst einmal durchsetzt, ermöglicht ebenfalls den Bau einer großen Anzahl an Wohnungen, um diese nach einem Wiederholungsmuster zu erstellen. Radikaler noch ist die Containerbauweise, indem ein Container über den anderen gestapelt wird, solange bis der Wohnbedarf gedeckt ist. Container haben den Vorteil, dass sie transportabel sind und je nach Bedarf von einem Ort zum anderen transportiert werden. Dafür wird ein großer Kran benötigt. Natürlich spielt auch hier die Städteplanung eine gravierende Rolle, nach deren Vorgaben überhaupt erst gebaut werden darf.

Wem es im Container zu eintönig ist, kann komplett auf die mobile Variante umsteigen, auch moderne Tiny Häuser sind gefragt. Wenn entsprechender Platz vorhanden, die Finanzierung geklärt und die Erschließung den Anschluss erlaubt, wären auch sie ein probates Mittel der Wohnraumbeschaffung etwa auf dem Campingplatz. Was natürlich wieder neue Herausforderungen mit sich brächte, indem sich das Sozialverhalten verändert. Auch die Organisierung in Baugruppen ist ein Thema, solche haben sich zur Aufgabe gestellt, Probleme gemeinschaftlich zu lösen. Den Anfang macht meiner Meinung aber die Demo gegen den Missstand. Wer soviel Lebensmut beweist, dass es zum Himmel schreit, dem sollten alle Möglichkeiten in die Hand und das Recht auf preislich adäquaten Wohnraum auch in den großen Städten gegeben werden.

Ein Kommentar von Kulturexpress

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

      vom 08. April 2019