Im
Klett Cotta Verlag ist ein Buch von Eberhard Straub zum
Wiener Kongress erschienen. Der sich mit der politischen das
heißt mit der europäischen Situation und der Neuordnung
Europas befasst. Daran war unter reger Publikumsbeteiligung im
Anschluss an den Vortrag eine Diskussion angeschlossen, die
im Hörsaal der Deutschen Nationalbibliothek am 9. Sept.
abends in Frankfurt am Main stattfand. Die Diskussion
befasste sich fast ausschließlich mit der aktuellen
politischen Situation in Europa und versuchte Überleitungen
aus der Geschichte und den Wiener Kongress mit den daran
beteiligten Nationen und den Konsequenzen seither bis in die
Gegenwart herzuleiten.
Eberhard Straub im Gespräch mit Eberhard Nembach über das
Buch »Der Wiener Kongress.
Das große Fest und die Neuordnung Europas«
Entgegen einem zeitgenössischen Bonmot tanzte der Wiener
Kongress nicht nur, vielmehr wurde intensiv und ausgiebig
gearbeitet. Dies geschah nicht in großen Plenarsitzungen und
schon gar nicht vor den Augen der Öffentlichkeit. Vielmehr
wurde über die Geschicke Europas nach den Befreiungskriegen
in Ausschüssen und vor allem bei persönlichen Begegnungen
der in Wien anwesenden europäischen Herrscher entschieden.
Vor allem die Verhandlungen der vier großen Mächte –
Russland, Österreich, Preußen und Großbritannien –
bestimmten Verlauf und Ergebnis der Zusammenkunft, die vom
Oktober
1814 bis zum Juni 1815 stattfand.
An die Konferenz in der Donaumetropole richteten sich
höchste Erwartungen. 23 blutige Jahre lagen hinter den
Zeitgenossen. Napoleon, der erst nach dem Abschluss des
Wiener Kongresses in Waterloo besiegt wurde, hatte das
europäische Festland mit Krieg überzogen und war 1812 bis
nach Moskau marschiert. Zeitgleich bekämpften sich in
Übersee Briten und Amerikaner. Nicht ohne Grund kann man in
den weltumspannenden Konflikten der Zeit einen der ersten
Weltkriege der Geschichte erblicken.
Eberhard Straub beleuchtete im Gespräch mit Eberhard Nembach
die Gemeinsamkeiten und Konflikte im Ringen um eine sichere
Nachkriegsordnung und schlägt dabei den Bogen bis zum Großen
Krieg der Jahre 1914/1918.
Zu Beginn des Abends sprach Carsten Rauch über die heutige
Relevanz des Wiener Kongresses bzw. des Konzerts von Europa
und verbindet dies mit der Frage: Brauchen wir heute einen
neuen Wiener Kongress?
Buchautor Eberhard Straub
Ein
Merkmal während der Veranstaltung blieb jedoch unbeantwortet, da auf
die
skandinavischen Länder kaum Bezug genommen wurde. Mecklenburg
war Dänemark zugeschlagen und stand unter dessen
Hoheitsrecht. Pommern zählte zum schwedischen Hoheitsgebiet
und das über Jahrhunderte hinweg, wie Eberhard Straub auf
meine Nachfrage nach der Veranstaltung erläuterte. Eine
entscheidende und zentrale Machtfrage verband sich jedoch
damit nicht für
Europa. Dies obwohl mit dem Wiener Kongress von 1815
diejenigen Länder wie Mecklenburg und Pommern durch Vertrag
und Neuordnung Europas nach Jahrhunderte währender
Fremdherrschaft wieder in das Deutsche Reich integriert
wurden. Gebiete, die seit dem Dreißigjährigen Krieg in einer
skandinavischen Machtsphäre lagen, deren Einfluss in diesen
Teilen Deutschlands bis heute auf folkloristischer Ebene
spürbar ist.