Die Handspielpuppen der Liesel Simon kehren nach langer Reise aus Südamerika zurück nach Frankfurt

Foto: (c) Kulturexpress

 

Verwaltung und Direktion des historischen museum frankfurt befinden sich zur Zeit ausgelagert an einem anderen Ort als der des zukünftigen Museumsbaus. Der gerade entstehende Neubau auf dem Frankfurter Römerberg wird bis 2018 eröffnet. Dann sollen die jetzt in den Archivbestand aufgenommenen Handspielpuppen aus dem Besitz der Frankfurterin Liesel Simon der Öffentlichkeit präsentiert werden.

 

Eindruck und Expressivität der Puppen sind außerordentlich wie auch über den Erhaltungszustand durchweg positiv gesprochen werden kann, so dass ein solches Unterfangen, die Puppen wieder nach Frankfurt zu bringen, durchaus als gelungen einzustufen ist. Eine Schenkung wie es am 30. Juli zum Vorstellungstermin der Puppen in den Verwaltungsräumen des Museums in der Solmsstraße hieß. Wenn dies als Spiegel verstanden werden kann für die Gesichter und Situationen wie sie damals in den 1920er und 30er Jahren vorgeherrscht haben, dann ist der Kern getroffen den das Museum haben will. Ja, es sind ganz allgemein Kinderpuppen, die eine Truppe bilden wie aus einem Bilderbuch für Kinder: Teufel oder Mephisto, Kasperle, das Krokodil und der Magier, Hänsel und Gretel und mehrere andere weibliche und männliche Figuren kommen zum Vorschein. Insgesamt sind auf diesem Weg 13 Puppen nach Frankfurt gelangt. Es sind allesamt Gestalten aus der deutschen Märchen- und Sagenwelt, wobei Krokodil und Kasperle mehr an das Kindertheater erinnern, wie es an mancher Bühne in Deutschland heutzutage vielleicht wieder zur Tagesordnung zählt.

 

Anfang 2015 traf im historischen museum frankfurt Post aus Ecuador ein. Darin teilte Jacqueline Simon die Geschichte ihrer Großmutter mit: In der NS-Zeit hatte Liesel Simon aufgrund ihrer jüdischen Herkunft Berufsverbot erhalten und war 1941 nach Ecuador geflohen. In ihrem Reisegepäck befanden sich 13 selbstgestaltete Handpuppen, mit denen sie in ihrer privaten Wohnung öffentliche Kasperltheatervorführungen veranstaltete. In der Frankfurter Kulturszene spielte das schon eine Rolle. Ein letzter Hinweis ist der Eintrag im Frankfurter Adressbuch von 1938 mit ihrem Wohnort in der Niddastraße im Bahnhofsviertel.

Die Frankfurter Historikerin Hannah Eckardt, die sich seit mehreren Jahren mit der Familiengeschichte der Simons beschäftigt, vermittelte den Enkelinnen von Liesel Simon den Kontakt zum historischen museum. Im Frankfurter Personen-Lexikon hat sie der Puppenspielerin, Schauspielerin und Autorin einen Eintrag gewidmet. Marcia Simon-Alvarez, auf dem Foto oben links in der Mitte, die wie Jacqueline Simon eine Enkelin von Liesel Simon ist, brachte die Puppen Anfang des Monats nach Frankfurt.

Das Puppenspielen hat hier und in der Umgebung eine lange Tradition. Wer in dieser Gegend wohnt oder in der Region beheimatet ist, sollte das Puppentheater zu Goethes Faust zweiter Teil mit den Figuren: Faust, Mephisto und Gretchen zumindest einmal gesehen haben. Das Stück gehört fast schon zum Volksschauspiel, obwohl ein anspruchsvolles Thema dahintersteckt. Im Umland gibt es viele Holzschnitzer Werkstätten, die solche Puppen aus Holz anfertigen: Meist sind es die Köpfe der Puppen, die modelliert werden und mit zugehörigem Textilwerk ausgestattet sind. Zum Teil feine Stoffe die so zur Geltung gelangen. Schließlich darf eine künstlerische Bemalung nicht fehlen. Wobei die Puppen der Liesel Simon aus einer Art Pappmarsche bestehen, die ebenfalls sehr kunstvoll zusammengewirkt wurde. Neben 13 Handpuppen die nach Frankfurt gelangt sind, ist auch eine auf Tuch gemalte ca. 2 Meter lange Hintergrundkulisse erhalten geblieben. Das Motiv zeigt eine Szene aus dem Kinderzimmer mit Holzspielzeug, Teddybär, Schaukelpferd, Mond und Sterne und weitere Kinderspielsachen..

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Ich kann mich dunkel an ein Café im Souterrainbereich in der Frankfurter Textorstraße erinnern, die "Puppenspelunke" wie das damals hieß. Dort hingen, bisweilen dämonisch wirkend, lauter Puppen an den Wänden oberhalb der Tische vor den Cafébesuchern, die dort saßen und sich unterhielten. Ein eigentümliches Gewirre und Geflirre war das. Eine Mischung aus modischem  Accessoire und kunsthandwerklichem Ambiente meist bei Kerzenschein kam so zu Tage. An solches erinnern diese Handspielpuppen mit expressivem Gesichtsausruck, die jetzt im Besitz des Museums sind. Aufgrund ihres Erhaltungszustandes sind diese bestens geeignet für die Aufnahme in den Sammlungsbestand. Trotz des Alters findet sich vielleicht bei passender Gelegenheit und natürlich passendem Theaterstück eine Möglichkeit, um die Puppen wieder zur Aufführung zu bringen und damit zum Leben erwecken. Aus restauratorischer Sicht wird das vermutlich aber nicht zu verantworten sein.

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 01. August 2015