Nach dem am 28. Januar 2014 gefällten Urteil des Bundesverfassungsgerichts
kann sich der Bund auf seine Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft stützen,
selbst wenn er - neben wirtschaftsbezogenen - zugleich
kulturelle Zwecke verfolgt.
Die Regelungen zur Filmabgabe reichen damit auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen
aus, um eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion zu
ermöglichen.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerinnen betreiben Filmtheater. Sie wenden
sich gegen Abgabenbescheide der Filmförderungsanstalt für
das erste Halbjahr 2004 sowie gegen sie bestätigende
Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des
Bundesverwaltungsgerichts.
Nach dem Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen
Films (Filmförderungsgesetz - FFG) fördert der Bund
durch die Filmförderungsanstalt, eine bundesunmittelbare
rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die Struktur
der deutschen Filmwirtschaft und die kreativ-künstlerische
Qualität des deutschen Films als Voraussetzung für dessen
Erfolg im Inland und im Ausland (§ 1 Abs. 1 FFG).
Gefördert werden vor allem die Produktion, der Absatz und
das Abspielen förderfähiger Filme. Dies wird finanziert
durch die Erhebung einer Filmabgabe. Abgabepflichtig waren
im Jahr 2004 zunächst nur die Betreiber von Filmtheatern und
die Lizenzrechteinhaber der Videowirtschaft. Die Abgabe
bemisst sich für sie nach dem Umsatz, der mit dem Abspielen
von Filmen in Kinos bzw. mit dem Verkauf oder der Vermietung
von Bildträgern erzielt wird.
Für die Fernsehveranstalter war zunächst eine vertraglich zu
vereinbarende Beitragsleistung vorgesehen. Im Jahr 2010
fügte der Gesetzgeber für die Fernsehveranstalter einen der
Höhe nach bestimmten Abgabetatbestand ein und ordnete das
rückwirkende Inkrafttreten der Regelung ab 2004 an. Im
Streitjahr 2004 wandte die Filmförderungsanstalt über 61
Millionen Euro für die Filmförderung auf.
Zu den Erwägungen des 2. Senats
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet.
Die gesetzlichen Bestimmungen, die Grundlage für die
Heranziehung der Beschwerdeführerinnen zur Filmabgabe waren,
sind durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das
Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG)
gedeckt.
a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes entfällt nicht
schon dann, wenn der Gesetzgeber mit wirtschaftsbezogenen
Regelungen zugleich kulturelle Zwecke verfolgt. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr.
11 GG scheidet danach nicht bereits deshalb aus, weil
der Film nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern zugleich ein
Kulturgut darstellt und mit dem Filmförderungsgesetz stets
auch kulturelle Zwecke verfolgt worden sind. Seinem
objektiven Regelungsgehalt nach ist das Gesetz auf die
Förderung der deutschen Filmwirtschaft und des deutschen
Films ausgerichtet.
Die mit der Abgabe belasteten Untergruppen - Kinobetreiber,
Lizenzrechteinhaber der Videowirtschaft sowie
Fernsehveranstalter - bilden als Inlandsvermarkter
deutscher Kinofilme gemeinsam eine homogene Gruppe. Deren
besondere Sachnähe und Finanzierungsverantwortung ist
begründet im gemeinsamen Interesse an der gedeihlichen
Struktur der deutschen Filmwirtschaft und am Erfolg des
deutschen Films. Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, dass
den weitaus meisten Kinobetreibern ein solches Interesse
fehle, weil sie nicht speziell an der Entstehung deutscher
Filme, sondern allein am wirtschaftlichen Erfolg eines
Films - gleich welcher Herkunft - interessiert seien, greift nicht durch.
Im Streitjahr 2004 betrug der Marktanteil deutscher Filme,
gemessen an den Kinobesucherzahlen, 23,8 Prozent. Deutlicher
als durch ihr in diesen Zahlen dokumentiertes freiwilliges
Marktverhalten könnte die Kinowirtschaft, die die
betreffenden deutschen Filme vorgeführt hat, ihr
wirtschaftliches Interesse am deutschen Film nicht bekunden.
Die Beschwerdeführerinnen bezweifeln darüber hinaus, dass
der deutsche Film auf Förderung durch die
Filmförderungsanstalt überhaupt angewiesen sei. Die
gegenteilige Einschätzung des Gesetzgebers findet jedoch Rückhalt in der Marktlage der Filmwirtschaft.
Vielmehr ist die Qualitätsförderung, dem
wirtschaftsfördernden Regelungsgehalt des
Filmförderungsgesetzes entsprechend, gerade auf nachhaltige Erfolgssicherung ausgerichtet. Der erforderliche
Gruppennutzen wird auch nicht dadurch in Frage gestellt,
dass viele geförderte Filme sich als nicht erfolgreich
erweisen.
Nach einhelliger Auffassung der einschlägigen Fachkreise ist
der wirtschaftliche Erfolg von Filmen nicht sicher
prognostizierbar. Es liegt in der Natur kreativer und künstlerischer Werke, dass sie gerade nicht ausschließlich
nach eingefahrenen, vorgegebenen Mustern produziert sind
und ihre Aufnahme beim Publikum sich daher allenfalls
eingeschränkt anhand von Erfahrungen mit zurückliegenden
Publikumsreaktionen auf andere Filme vorhersagen lässt.
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