Skaldendichtung,
eine Einführung aus dem Artemis Verlag erschienen 1980 ist nur noch antiquarisch erhältlich. Der
schmale Band umfasst gerade mal 108 Seiten. Autor ist
der skandinavische Mediävist, Klaus von See, der Ende
August 2013 verstorben ist und lange Jahre an der
Goethe-Uni bei den Skandinavisten in Frankfurt tätig
war. Es handelt sich bei diesem Band mehr um eine
Rechtfertigung als um eine
Einführung, wie von See betont. Er wollte
damit auf grundsätzliche Probleme dieser Dichtungsform
hinweisen. Die ästhetischen Qualitäten, wie es heißt, der altnordischen
Versform liegen in einer spielerischen Improvisation
gepaart mit ausgeklügelter Artistik.
Was ist also Skaldendichtung? Kurz gesagt, handelt es
sich um eine altnordische Stabreimform, wozu auch
die Edda zählt. Die Skalden waren Dichter im
mittelalterlichen Skandinavien überwiegend aus Norwegen
stammend. Früheste Dichtungen sind aus dem 8. Jahrhundert
bekannt, später kamen diese auch nach Island. Die meisten waren
Männer, aber es gab auch weibliche Skalden.
Klaus von See stellt im zweiten Kapitel die Frage nach
einer Skaldendichtung, welche dem modernen Kunstverständnis
stand halten kann. Wobei, so viel sei dazugesagt, die Vertikalität der Stabreimform in der
Gegenwart ein ständig wiederkehrendes Merkmal ist. Sei
es beim Scrollen im neuen Lumia 1020 Handy mit Windows 8
Betriebssystem oder die moderne Hochhausbauweise, die
vor Vertikalität nur so strotzt. Klaus von See unternahm
in seinem kleinen Werk von 1980 den Versuch die historische
Versform der Skaldik in den Kontext zur Gegenwart zu
stellen. So ist die Skaldendichtung vor Edda und Saga
die stärkere Form gewesen, weil sie eigenständige und
charakteristische Merkmale vor den anderen hat. Von See
zitiert den Schriftsteller Ernst Jünger (In
Stahlgewittern, 1920) als einer der wenigen, welcher
skaldische Formen in neuerer Zeit verwendete. Den
Umständen nach ist es so, dass sich die historischen
Versformen nicht einfach auf andere Sprachen übertragen
lassen. Diese Übersetzungen sind durchweg ungenau und
ungenießbar, heißt es. Nicht durch Gefühlsdichte,
Unmittelbarkeit und Anschaulichkeit sucht die skaldische
Dichtung nach Wirkung, sondern durch raffinierte, streng
traditionsgebundene und anspielungsfähige Metaphorik
will sie beeindrucken. Eine kunstvolle
Verschränkung aus Satzbau und Versform erkennt der
Sprachforscher darin. Metaphern bestehen immer aus
Gleichnissen. Das bedeutet, wörtlich genanntes und das
im übertragenen Sinne gemeinte, haben Ähnlichkeit.
Eine Reihe an Hindernissen werden erkannt, die ein
besseres Verständnis der Skaldendichtung behindert
haben. Der Sprachforscher und Germanist von See benennt
als Gründe die Epoche des "Sturm und Drang" im 18.
Jahrhundert, die eine naturnahe Erlebnisdichtung wollte.
Was entwicklungsgeschichtlich einen enormen Fortschritt
in der Dichtung bedeutete, wie der aufgeklärte Denker
sofort erkennt. Was jedoch im Widerspruch zur Skaldendichtung steht und somit
eine konservative Denkweise des Autors in seiner
Herangehensweise nahelegt. Erst die
Entwicklungen im 19. Jahrhundert mit der Überwindung
ästhetischer Hindernisse ermöglichten eine gerechtere
Beurteilung der Skaldendichtung. Die Romanistik prägte
den Begriff der "hermetischen Poesie". Wobei zu sagen wäre, dass Troubadure die
zeitlich früher angesiedelt sind und mit südlichen
Einflüssen belegt waren, der nordischen Skaldik skeptisch gegenüberstanden.
Der kleine Band umfasst 12 Kapitel mit unterschiedlichen
Ausrichtungen in Bezug auf Themen. Kapitel 7
nimmt sich beispielsweise die "Kenning" vor, eine
Art poetische Umschreibung aus einfachen Begriffen
gefertigt. Jorge Luis Borges bezeichnete sie als
unverfrorene Verwirrungen, wie zu Anfang in Kapitel 5 gesagt wird. Die Kenning ist zweigliedrig und besteht
aus Grundwort und Bestimmungswort. Das letztere
konkretisiert das Grundwort hin zu seiner sachlichen
Bestimmung.
Nur noch antiquarisch erhältlich:
Artemis Einführungen
Skaldendichtung
von Klaus von See
Artemis Verlag,
München u. Zürich,1980
108 Seiten, Taschenbuch
ISBN 3760805264
mit bibliographischem Anhang und
Abkürzungsverzeichnis
Siehe auch:
Die
letzten Wikinger. Der Teppich von Bayeux