DAM-Preis für Architektur in Deutschland 2012

Neubau der Folkwang Bibliothek und Preisverleihung für Umbau und Erweiterung des Hambacher Schlosses an den Schweizer Architekten Max Dudler

    Erweiterung des Hambacher Schlosses, Foto: Stefan Müller

In den nächsten Tagen steht im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt a/M eine Preisverleihung an, die in diesem Jahr an den Architekten Max Dudler geht. Gewonnen hat den DAM-Preis für Architektur in Deutschland 2012 der Umbau und die Erweiterung des Hambacher Schlosses bei Neustadt an der Weinstraße.

Die Preisverleihung findet am 25. Januar 2013 im Rahmen der Ausstellungseröffnung statt, womit gleichzeitig die 22 besten Projekte in einer Ausstellung vorgestellt werden.

Bei der Entscheidung stimmte die Jury aus Kuratoren, Architekten und Architekturkritikern unter Vorsitz von Roger Diener, Diener & Diener Architekten, jedoch geschlossen für den subtilen Weiterbau des geschichtsträchtigen Orts des Hambacher Schlosses.

Stimmen aus der Jury bescheinigen dem Umbau und der Erweiterung ein bewegliches Formenrepertoire, das sich weder kompromisslos am Jetzt orientiert, noch diskret zurückhält sowie mit seiner autonomen Kraft und zugleich Beweglichkeit das Schloß stärkt. Ein Weiterbauen am Projekt der europäischen Stadt mit der Schaffung eines grandiosen öffentlichen Platzes ist. Zeitlosigkeit innerhalb einer rahmenden und stützenden Schutzschicht sowie eine zeitgenössische Architektur, die weder Rekonstruktion noch Reparatur zu offensichtlich werden läßt. Max Dudler finde in der Rigidität des Steinernen eine modeunabhängige Form schaffe eine selbstverständliche skulpturale Erweiterung und überzeugende Umsetzung des Konzepts “Geschichte weiterbauen”.

Max Dudler studierte Architektur an der Städelschule in Frankfurt a.M. und an der Hochschule der Künste Berlin. Zunächst arbeitete er im Büro von Oswald Matthias Ungers bevor er 1986 in Gemeinschaft mit Karl Dudler und Pete Wellbergen ein eigenes Büro gründete. Seit 1992 leitet er sein eigenes Büro mit Niederlassungen in Berlin, Zürich und Frankfurt am Main.

Auch die musikwissenschaftlichen Bestände der Folkwang Universität, der ehemaligen Musikwissenschaftlichen Bibliothek der Ruhr-Universität Bochum sowie der Musikpädagogik der Universität Duisburg-Essen sind ein Projekt des Architekten Max Dudler. Die Einrichtungen wurden in einem Neubau zusammengefaßt. Die Bibliothek auf dem Werdener Campus ist Ende September 2012 eingeweiht worden.

Neubau der Folkwang Bibliothek, Architekt Max Dudler, Fertigstellung: September 2012.

Die Folkwang Universität der Künste verfügt über einen der größten musikwissenschaftlichen Bestände bundesweit. Die Sammlung umfaßt rund 190.000 Noten, Bild- und Tonträger, Bücher und sonstigen Medien in verschiedenen Archiven und Bibliotheken der Region.

Die Folkwang Universität der Künste ist die Kunst- und Musikhochschule Nordrhein-Westfalens. Hauptsitz ist auf dem Gelände in der ehemaligen Benediktinerabtei St. Ludgerus im südlichen Ruhrtal in Essen-Werden zu finden.

Beschreibung Neubau der Folkwang Bibliothek
Das Gebäude ist als monolithischer Körper auf dem Sockelniveau einer historischen Bruchsteinmauer entwickelt. Max Dudlers Konzept für das Gebäude folgt der Vorstellung eines »Schmuckkästchens«: Eine äußere Hülle schützt einen wertvollen Kern. Die Funktionsbereiche gruppieren sich in Schichten um den Lesesaal im Zentrum des Hauses. In strenger Ordnung sind um ihn herum die Bücherregale angeordnet, die, der Funktion einer Bibliothek entsprechend, dem gesamten Gebäude Maß und Struktur geben. Das Haus hat zwei Eingänge: Vom Ehrenhof erfolgt der Hauptzugang zur Bibliothek über eine Freitreppe, die in typologischer Annäherung an die Eingänge der anderen Gebäude am Hof gestaltet wurde. Der Zugang vom Klemensborn aus dient als Notausgang. Ausleihe, Medienzellen, Verwaltung und Garderobe befinden sich im Erdgeschoss; der Lesesaal im ersten Obergeschoss. Die kompakten Archivbereiche der Bibliothek sind im Souterrain untergebracht.

Die Gestaltung der Fassade wurde in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Stefan Müller entwickelt. Jede Scheibe der Glasfassade zeigt eine großformatige Nahaufnahme eines Steinbruchs. Der unbehauene, plastische Stein ist auf den Fotografien im Originalmaßstab wiedergegeben. Die Fotoarbeiten wurden mit einem Spezialverfahren direkt auf die Verglasung aufgebracht. In Anlehnung an die elementare Bedeutung der Zahl Zwölf in der Musik wurden zwölf Motive zu einer Gesamtkomposition zusammengefügt. Wie bei der Scagliola-Technik der Renaissance, dem Stuckmarmor, wird die Illusion eines Materials erzeugt. Zugleich entsteht eine Spannung zwischen dem perspektivisch-plastischen Steinmotiv und der Fläche. In der Baugeschichte findet man etwas Vergleichbares in der Sgraffito-Technik, wo eine grafisch-plastisch aufgefasste Bossierung in eine ebene Putzfläche geritzt wird. Die ebenen Glasoberflächen perfektionieren die Imagination eines polierten Monolithen. Zugleich hinterfragt die Transluzenz der Hülle die erste Wahrnehmung: Der Baukörper bricht spielerisch die Grenzen von Innen und Außen auf. Schemenhaft sind.

Abendstunden illuminiert das Gebäude den Cour d’honneur. Das Gebäude ist als Stahlbetonskelettkonstruktion mit aussteifendem Kern geplant. Die Fassade ist im Pfosten-Riegel-System an den auskragenden Deckenplatten angehängt. Lage und Format der Betonstützen orientieren sich an den Rastermaßen der Regale. Die Pfeiler sind in dem Kirschbaumholz verkleidet, das auch die Regale im Lesesaal prägt. Nicht alle Stützen sind tragend. Die nicht tragenden Stützen bilden die Wege der Medienführung für eine mechanische Teilklimatisierung. Indem die Lüftungsleitungen direkt durch den Stahlbeton der Deckenplatten geführt sind, aktivieren sie die Speichermassen des Baustoffs. Durch die Kopplung mit einem Wärmetauscher wurde ein innovativer Beitrag zur ressourcenschonenden Energienutzung realisiert. Die Inneneinrichtung der Bibliothek, wie Regale, Tische und Stühle, wurde ebenfalls von Max Dudler entworfen.

 

 

Name des Bauwerks
Folkwang Bibliothek

Standort
Klemensborn 39
45239 Essen-Werden

Bauherr
Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes
Nordrhein-Westfalen, Duisburg
Mit Unterstützung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung

Nutzer
Folkwang Universität der Künste

Bauvolumen
NF 982 m²
BGF 1.707 m²
BRI 5.603 m³

Planungs- und Bauzeit
Planungsbeginn: 2006
Baubeginn: 2010
Fertigstellung: September 2012

Architekt
MAX DUDLER
Berlin Frankfurt Zürich

 

 

Projektleiter
Alexander Bonte
Generalunternehmung
Derichs u Konertz GmbH u Co KG
Krefeld

Generalplanung während der Bauausführung
Nattler Architekten

Tragwerksplaner
Leonhardt, Andrä und Partner –
Beratende Ingenieure VBI, GmbH,
Berlin

Haustechnik
Winkels Behrens Pospich –
Ingenieure für Haustechnik GmbH
Münster

Bauphysik/Akustik
Müller-BBM GmbH
Berlin

Fotograf
Stefan Müller
 

 

Kulturexpress  ISSN 1862-1996

vom 05. Januar 2013