In
seinem Buch Deutschland hysterisieren geht Manfred Hermes den konzeptuellen Ebenen in
Rainer Werner Fassbinders Fernsehverfilmung von
Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ nach. Es
steht im Gegensatz zu einem hierzulande meist
anekdotisch geprägten Fassbinder- Bild, das immer
noch auf dessen soziale Beziehungen bzw. dem Motiv
des auf das eigene Subjektive fixierten Künstlers
beruht. Hermes führt aus, wie Fassbinder die
Erzählstruktur des im Berlin der 1920er Jahre
angesiedelten Alexanderplatz-Romans übertragen hat,
einschließlich der von Döblin vorgegebenen
Geschlechterverhältnisse, sozialen
Dimensionierungen, Wirkungsabsichten und einer
psychoanalytisch geprägten Subjektvorstellung. Aus
diesen Vorgaben hat Fassbinder dann die
eigenständige Konzeption geschichtlicher
Zusammenhänge abgeleitet. Im Rahmen seiner Adaption
hat er „das Lesen als Produktionsinstanz hinzugefügt
und innerhalb dieser gleichen Bewegung eine
geschichtliche Dimension erschlossen“ (Hermes).
Fassbinders Döblin-Lektüre sei „wie die
Inbetriebnahme einer alten U-Bahn Linie, die die
Gegenwart mit der Vergangenheit verbindet, im
Rückwärtsgang.“
Wie Fassbinder die ästhetischen und konzeptuellen
Möglichkeiten, die sich aus der Adaption der
Romanvorlage und literarischer Techniken wie der
freien indirekten Rede für Erzählperspektive und
Subjektkonstruktion ergeben, wird Manfred Hermes in
der Ringvorlesung der Hessischen Theaterakademie
darlegen.
Der Autor Manfred
Hermes ist für zahlreiche Auseinandersetzungen mit
narrativem Film und zeitgenössischer Kunst in
Katalogen, Zeitungen und Zeitschriften bekannt.
Nach Einzelveröffentlichungen über Ull Hohn und
Martin Kippenberger ist 2011 „Deutschland
hysterisieren. Fassbinder, Alexanderplatz“ bei
b_books erschienen.
Mit
dem Titel Simulation, Adaption, Illusion und
Pose rückt die Ringvorlesung der Hessischen
Theaterakademie im Sommersemester 2012
ästhetische Mittel ins Zentrum seines Geschehens,
was für gewöhnlich mit Täuschung und Künstlichkeit
in Verbindung gebracht wird. Nicht nur zentrale
Bestandteile der medialen Wirklichkeit werden
angesprochen, sondern Möglichkeiten
gegenüber gesellschaftlichen Zwängen zur
Selbstdarstellung und Selbstvermarktung geben wichtige
Momente der künstlerischeren Freiheit vor. Die
künstlerischen Positionen und Arbeitsweisen beruhen meist auf Adaption und
Verschiebung ästhetischer Mittel und Formate
unterschiedlicher künstlerischer Sparten.
Mit seiner
thematischen Ausrichtung bietet diese Ringvorlesung "das Festival der jungen Talente", was durch
kooperative Projekte inhaltliche Ergänzung findet.
Das Festival der jungen Talente! wird vom 27.
bis 29. September 2012 auf dem Gelände des
zukünftigen Kulturcampus in Bockenheim stattfinden
und von der aktuellen Gastprofessorin und ehemaligen
Co-Direktorin des Kölnischen Kunstvereins, Anja
Nathan-Dorn, kuratiert.
Am Festival der
jungen Talente! nehmen Studenten der Hochschule für
Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, des
Instituts Für Angewandte Theaterwissenschaften der
Universität Gießen, der Hochschule für Gestaltung
Offenbach und der Staatlichen Hochschule für
Bildende Künste – Städelschule Frankfurt sowie des
Masterstudiengangs Dramaturgie der Goethe-Universität
Frankfurt teil.
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