"Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein"

F.K.Waechter  -   Zeichenkunst
Ausstellung mit Zeichnungen und Karikaturen im MAK in Frankfurt bis 11. September
Die Ausstellung zeigt mit über 160 Werken eine Auswahl von Arbeiten aus Waechters künstlerischem Nachlass, der seit 2009 im Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst Wilhelm Busch in Hannover aufbewahrt wird. Die Ausstellung im MAK in Frankfurt ist Teil einer Wanderausstellung und befindet sich im 2. Stockwerk des Hauses. Die Etage ist mit dem Aufzug oder zu Fuß über die lange Rampe erreichbar. Dort ist eine Sitzecke für Kinder und Erwachsene zum malen und nachmalen. Vordrucke mit Tierköpfen zum weitermalen liegen aus. Hinter einem lilafarben Fransenvorhang an der rechten Seite von der Rampe aus gesehen, befindet sich der Eingang zum Ausstellungsbereich. Aus dem Hirmer Verlag ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der mit 350 Arbeiten einen satten Ausschnitt liefert zu einem noch viel umfangreicheren Werk, das F.K.Waechter insgesamt hinterlassen hat. In Frankfurt ist die Wanderausstellung um Bücher, Plattencover und Spielkarten erweitert, was eine Bereicherung darstellt. Jene sind, bis auf einige Abbildungen der Bilderbücher, nicht im Katalog publiziert.

 

Foto.: MAK Frankfurt; Abb.: Hirmer Verlag  

Das Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt hat sich eines Karikaturisten angenommen, der schon viele witzige Zeichnungen und Karikaturen gezeichnet hat. Leider ist F.K. Waechter schon vor einigen Jahren gestorben. Sein Nachlass ist erst jetzt dem Wilhelm Busch Museum in Hannover übergeben worden.

Erstes Resultat daraus dürfte diese wichtige Wanderausstellung zum Gedenken an F.K. Waechter sein, die vor der Station in Frankfurt unter anderem in Saar-Louis und in Bamberg gezeigt wurde. Das Gesamtwerk des Karikaturisten umfaßt mehr als 4000 Zeichnungen, mit denen sich das Museum in Hannover ab jetzt beschäftigen kann. Warum der Nachlass nicht in Frankfurt am Main geblieben ist oder dorthin gebracht wurde, obwohl F.K. Waechter viele Jahre in der Umgebung gelebt und gearbeitet hat, wurde mit den räumlichen Nutzungsmöglichkeiten und dem Entscheidungswillen der Waechter-Erben erklärt. Aber im Grunde passt der luftige und mit spitzer Feder aufgespießte Zeichenstil auch viel besser nach Norddeutschland, weil dort der Wind viel stärker weht.

Spannend ist, wie durch seine Zeichnungen neuartige Bilder entstehen, die das tägliche Leben betreffen. Denn erst durch den Umkehrschluß entsteht der Witz. Dabei ist F.K. Waechter nicht einseitig. Nein, das gesammelte Weltwissen wird zum besten gegeben. Oftmals haben die Bilder einen pädagogischen Hintergrund, der auf die Schippe genommen werden soll. Besonders wenn es um erzieherische Regeln geht, die veraltet sind oder nicht mehr so recht ins Zeitbild passen.

F.K.Waechter hat viele Kinderbücher geschrieben. Viele seiner Kindertstücke wurden und werden im Theater aufgeführt, weshalb der Autor auch schon einigen Ruhm erlangt hat. Bekanntestes Werk war sein Anti-Struwwelpeter, der Anfang der 1970er Jahre den Beginn der antiautoritären Erziehung einläuten half. Nicht zuletzt geht die Verwendung Anti- als Präfix an vielen Wörtern und Begriffen auf den Anti-Struwwelpeter zurück. Mit der Anti-Bewegung war eine konsequente Reformierung des Kindergarten, Schul- und Hochschulsystems verknüpft: Die ganze Gesellschaft unterlag einem Wandel, was zähe Verhandlungen und Debatten auch politischer Art über Jahrzehnte hinweg nach sich ziehen sollte und was nicht immer glimpflich verlief. Nebenbei sei erwähnt, schon der Struwwelhitler ist eine zeitgemäße Persiflage auf bestehende Verhältnisse gewesen.

Das in der Ausstellung vertretene künstlerische Spektrum reicht von frühen Zeichnungen für die Zeitschrift „pardon“ bis zu der letzten Bilderzählung „Höllenhund“, an welcher der Künstler bis kurz vor seinem Tod arbeitete. Die Präsentation zeigt bekannte Blätter aus den Cartoon-Büchern „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein“, „Glückliche Stunden“, „Männer auf verlorenem Posten“ sowie Zeichnungen aus den Satirezeitschriften „pardon“ und „Titanic“.

 

Aus dem umfangreichen Werkkomplex der Bücher für Kinder und Erwachsene sind Zeichnungen aus „Der Anti-Struwwelpeter“ oder „Der rote Wolf“ und zudem Zeichnungen aus seinem poetisch-literarischen Bilderbuch „Die Schöpfung“ zu sehen.

 

Der Ausstellungsbereich in der Frankfurter Ausstellung im 2. Stock des MAK hat den Aufbau ähnlich einer Apsis, bei der Rundung sind die Druckplatten einiger Linolschnitte Waechters in einer Vitrine aufgereiht. Diese könnten unter der Überschrift "das verrätselte Bild" im Zusammenhang mit dem Werkgeschehen des Künstlers stehen. Das Thema Verrätselung stellt nur eine  Möglichkeit dar in der Vielseitigkeit des Zeichners, um eigene Bildfindungen zu erlangen. An einem anderem Platz ist ein echtes Schachspiel aus Schrauben und Schraubenmuttern aufgebaut.

 

Friedrich Karl Waechter wurde 1937 in Danzig geboren, studierte Ende der 1950er Jahre Gebrauchsgrafik an der Kunstschule Alsterdamm in Hamburg. Bereits 1962 veröffentlichte er erste Zeichnungen in „pardon“ und bildete unter anderem mit Robert Gernhardt und F. W. Bernstein die Künstlergruppe „Neue Frankfurter Schule“. Inhaltlich wurde nicht gerade viel darüber berichtet, welche Aktivitäten und welcher politischen Gesinnung F.K.Waechter nachging. Allzu tief sind seine Ansichten haften geblieben bei seinen Gegnern, den sogenannten Konservativen. Um so erfreulicher ist das Engagement, das sich jetzt um den vielseitigen Zeichner und Maler entfaltet. Sicherlich geschieht dies auch mit Blick auf ein einzigartiges Werk, welches der Nachwelt erhalten bleibt und im Wilhelm Busch Museum in Hannover zur Verfügung steht.

 

Kuratorin der Ausstellung ist Dr. Gisela Vetter-Liebenow, Stellvertretende Direktorin des Deutschen Museums für Karikatur und Zeichenkunst · Wilhelm Busch. Die Realisation der Ausstellung am Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, MAK, übernahm Dr. Eva Linhart, Kuratorin für Buchkunst und Graphik.

 

Zur Ausstellung werden Führungen und Workshops für unterschiedliche Altersgruppen angeboten. Junge Menschen können mittels des offenen Studios KinderKunstMobil die Zeichenkunst F. K. Waechters entdecken: www.angewandtekunst-frankfurt.de

Siehe auch:        F.K. Waechter – Die letzten Zeichnungen
Siehe auch:        Bildband mit Cartoons aus dem Diogenes Verlag trägt schlicht einen Namen:

 

 

Zeichenkunst

Katalog zur Ausstellung

 

Hirmer Verlag, 1. Aufl. (München 2009)

384 Seiten, gebundene Ausgabe

Größe: 29,2 x 25,2 x 4 cm

Gewicht: 2325g

ISBN: 978-3777490953