Das Museum
für Angewandte Kunst in Frankfurt hat sich eines Karikaturisten
angenommen, der schon viele witzige Zeichnungen und Karikaturen
gezeichnet hat. Leider ist F.K. Waechter schon vor einigen Jahren
gestorben. Sein Nachlass ist erst jetzt dem Wilhelm Busch Museum in Hannover
übergeben worden.
Erstes Resultat daraus dürfte diese wichtige Wanderausstellung
zum Gedenken an F.K. Waechter sein, die vor der Station in Frankfurt
unter anderem in Saar-Louis und in Bamberg gezeigt wurde. Das Gesamtwerk des
Karikaturisten umfaßt mehr als 4000 Zeichnungen, mit denen sich das
Museum in Hannover ab jetzt beschäftigen kann. Warum der Nachlass nicht
in Frankfurt am Main geblieben ist oder dorthin gebracht wurde, obwohl F.K. Waechter
viele Jahre in der Umgebung gelebt und gearbeitet hat, wurde mit den
räumlichen Nutzungsmöglichkeiten und dem Entscheidungswillen der
Waechter-Erben erklärt. Aber im Grunde passt der
luftige und mit spitzer Feder aufgespießte Zeichenstil auch viel besser nach Norddeutschland, weil dort der Wind viel
stärker weht.
Spannend ist, wie
durch seine Zeichnungen neuartige Bilder entstehen, die das tägliche
Leben betreffen. Denn erst durch den Umkehrschluß entsteht der Witz.
Dabei ist F.K. Waechter nicht einseitig. Nein, das gesammelte Weltwissen
wird zum besten gegeben. Oftmals haben die Bilder einen pädagogischen
Hintergrund, der auf die Schippe genommen werden soll. Besonders wenn es
um erzieherische Regeln geht, die veraltet sind oder nicht mehr so recht
ins Zeitbild passen.
F.K.Waechter
hat viele Kinderbücher geschrieben. Viele seiner Kindertstücke wurden
und werden im Theater aufgeführt, weshalb der Autor auch schon einigen
Ruhm erlangt hat. Bekanntestes Werk war sein Anti-Struwwelpeter, der
Anfang der 1970er Jahre den Beginn der antiautoritären Erziehung
einläuten half. Nicht zuletzt geht die Verwendung Anti- als Präfix an
vielen Wörtern und Begriffen auf den Anti-Struwwelpeter zurück. Mit der
Anti-Bewegung war eine konsequente Reformierung des Kindergarten, Schul-
und Hochschulsystems verknüpft: Die ganze Gesellschaft unterlag einem
Wandel, was zähe Verhandlungen und Debatten auch politischer Art über
Jahrzehnte hinweg nach sich ziehen sollte und was nicht immer glimpflich
verlief. Nebenbei sei erwähnt, schon der Struwwelhitler ist eine
zeitgemäße Persiflage auf bestehende Verhältnisse gewesen.
Das in der
Ausstellung vertretene künstlerische Spektrum reicht von frühen
Zeichnungen für die Zeitschrift „pardon“ bis zu der letzten
Bilderzählung „Höllenhund“, an welcher der Künstler bis kurz vor seinem
Tod arbeitete. Die Präsentation zeigt bekannte Blätter aus den
Cartoon-Büchern „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein“, „Glückliche
Stunden“, „Männer auf verlorenem Posten“ sowie Zeichnungen aus den
Satirezeitschriften „pardon“ und „Titanic“.
Aus dem
umfangreichen Werkkomplex der Bücher für Kinder und Erwachsene sind
Zeichnungen aus „Der Anti-Struwwelpeter“ oder „Der rote Wolf“ und zudem
Zeichnungen aus seinem poetisch-literarischen Bilderbuch „Die Schöpfung“
zu sehen.
Der
Ausstellungsbereich in der Frankfurter Ausstellung im 2. Stock des MAK
hat den Aufbau ähnlich einer Apsis, bei der Rundung sind die
Druckplatten einiger Linolschnitte Waechters in einer Vitrine
aufgereiht. Diese könnten unter der Überschrift "das verrätselte Bild"
im Zusammenhang mit dem Werkgeschehen des Künstlers stehen. Das Thema
Verrätselung stellt nur eine Möglichkeit dar in der Vielseitigkeit
des Zeichners, um eigene Bildfindungen zu erlangen. An einem anderem
Platz ist ein echtes Schachspiel aus Schrauben und Schraubenmuttern
aufgebaut.
Friedrich Karl
Waechter wurde 1937 in Danzig geboren, studierte Ende der 1950er Jahre
Gebrauchsgrafik an der Kunstschule Alsterdamm in Hamburg. Bereits 1962
veröffentlichte er erste Zeichnungen in „pardon“ und bildete unter
anderem mit Robert Gernhardt und F. W. Bernstein die Künstlergruppe
„Neue Frankfurter Schule“. Inhaltlich wurde nicht gerade viel darüber
berichtet, welche Aktivitäten und welcher politischen Gesinnung F.K.Waechter nachging. Allzu tief sind seine Ansichten haften geblieben
bei seinen Gegnern, den sogenannten Konservativen. Um so erfreulicher
ist das Engagement, das sich jetzt um den vielseitigen Zeichner und
Maler entfaltet. Sicherlich geschieht dies auch mit Blick auf ein
einzigartiges Werk, welches der Nachwelt erhalten bleibt und im Wilhelm
Busch Museum in Hannover zur Verfügung steht.
Kuratorin der Ausstellung ist Dr.
Gisela
Vetter-Liebenow, Stellvertretende Direktorin des Deutschen Museums für
Karikatur und Zeichenkunst · Wilhelm Busch. Die Realisation der
Ausstellung am Museum für Angewandte Kunst Frankfurt, MAK, übernahm Dr. Eva Linhart, Kuratorin für Buchkunst und Graphik.
Zur Ausstellung
werden Führungen und Workshops für unterschiedliche Altersgruppen
angeboten. Junge Menschen können mittels des offenen Studios
KinderKunstMobil die Zeichenkunst F. K. Waechters entdecken:
www.angewandtekunst-frankfurt.de
Siehe auch:
F.K. Waechter – Die letzten Zeichnungen
Siehe auch:
Bildband
mit Cartoons aus dem Diogenes Verlag trägt schlicht einen Namen:
Zeichenkunst
Katalog zur Ausstellung
Hirmer Verlag, 1. Aufl. (München 2009)
384 Seiten, gebundene Ausgabe
Größe: 29,2 x 25,2 x 4 cm
Gewicht: 2325g
ISBN: 978-3777490953
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