Die Flaschenpost (2011) Roman von René Schickele erschienen im glotzi Verlag

Luftig und dialogisch ist der Roman, was an Dramatik und Romanschwere fehlt. Wie die subtile Aneinanderreihung der Erlebnisse, die im französischen Exil spielen. Ein Ort, wo sich Beteiligte versammeln, um sich wohnlich niederzulassen: Italiener, Spanier, Franzosen, Amerikaner, die ganze Palette der illustren Gesellschaft findet sich wie auf einer Touristenhochburg wieder. Eine Villengegend im Süden ähnlich einer künstlichen Burg, die sich selbst am Leben erhält. Bestehend aus Spitznamen und kleinen Hintergrundgeschichten, um gelegentlich ins humoristische zu verfallen. Die Personen haben zwar individuelle Eigenschaften, aber wirkliche Romanhelden sind es nicht. Was will der Autor also erzählen? Kleine Bemerkungen am Rande, wie Hinweisschilder, die vielleicht Informationen gegen Hitlerdeutschland enthalten? Sicherlich als Momentaufnahme über das Zeitgeschehen von damals bedeutsam. Geschrieben wurde der Roman in der Art der französischen Unterhaltungsromane der 1920er und 1930er Jahre, wovon es viele gibt. René Schickele ein Deutscher aus dem Elsaß, dessen Roman "Die Flaschenpost" zuerst 1937 bei Allert de Lange im Exilverlag aus Amsterdam veröffentlicht wurde.

Foto: Maass   

Der Roman verfügt über 152 Seiten einschließlich Kapitelverzeichnis, ist somit in Kürze zu bewältigen. Im Anschluß findet sich ein Nachwort von Ernst Erich Noth seinerzeit ebenfalls Exilant in Frankreich. Schickele galt als programmatischer Wortführer des Expressionismus. Französischsprachig aufgewachsen erlernte er Deutsch erst als Zweitsprache in der Schule. Von seinem Haus in Deutschland in Badenweiler, nahe des "Drei-Länder-Eck", was auch "alemannischer Winkel" genannt wird, konnte er bis ins heimatliche Elsaß und in einen Zipfel der Schweiz hineinschauen. Schickele war Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. "Die Flaschenpost" war sein letztes deutschsprachiges Werk. Er starb 1940 in Südfrankreich. Als René Schickele im Jahre 1883 geboren wurde, war das Elsaß noch ein Gebiet innerhalb der deutschen Grenzen, was zum Deutschen Reich gehörte und erst danach wieder von Frankreich annektiert wurde.

Richard Wolke heißt der Erzähler mit dem der Roman beginnt. Aus seiner Sicht beschreitet der Leser den Weg, der zum Hause in jener Siedlung in einer anspruchsvollen Villengegend führt, wo sich die merkwürdigsten Begebenheiten zutragen. Über die der Erzähler, einer der Protagonisten des Romans, ausführlich zu berichten weiß. Daß es sich bei dieser Gesellschaft um einen zusammengewürfelten Haufen handelt, das wird zwar in aller Ausführlichkeit erklärt, aber nur soweit es dem Verständnis des Zusammenlebens dient. Sonst handelt es sich um ehrenwerte Persönlichkeiten, deren Bedeutung gar nicht deutlich genug hervorgehoben werden kann. Wie in jedem Roman entfaltet sich ein weitreichendes Beziehungsgeflecht untereinander. Pipette zählt dazu. Es gibt Höhen und Tiefen die beschrieben werden, aber es gibt auch Schlaglöcher im Handlungsablauf, um das allzu leichte Trallala der Lebensgewohnheiten einmal aus den Angeln zu heben und um damit dem Anspruch des Expressionismus gerecht zu werden, der sich vor den Augen des Lesers offenbart.

Die Flaschenpost
Roman von René Schickele
glotzi Verlag, Bensheim, 1. Auflage 2011
164 Seiten, boschiert
Größe: 21,5 x 13,5 x 0,6 cm
Gewicht: 250g
ISBN: 978-3935333177