Vorwort
und Einleitung erklären den Inhalt sachgerecht - es sich handelt um die
überarbeitete Neuauflage des Originals aus dem Jahre 2002. Der Text
wurde gekürzt und ins Englische übertragen. Durch die zeitliche
Verschiebung kommt es bei manchen Zeitformen und temporären Bezügen zu
Unklarheiten, die aufgrund der historischen Verankerung des Textes
beibehalten wurden.
Die Notwendigkeit einer Neuauflage wird damit begründet, das Buch
habe einen interessanten Beitrag zu Debatten der Stadtplanung und der
Gegenwartskunst geleistet. Der Text, die Arbeit des Autors, will den
zugrunde liegenden Kunstbegriff in einem erweiterten Kontext verorten.
Christoph Faulhaber beschäftigt sich mit dem Ground Zero in New York
unter dem Ansatz einer sozialkritischen Konzeptualisierung im
Spannungsfeld zeitgenössischer Architektur. Er sagte schon zur 1.
Auflage aus dem Jahre 2002, "die Studie kann aufgrund der thematischen
und zeitlichen Dimension nur als unvollkommen und vorläufig bezeichnet
werden".
Der deutschsprachige Teil des broschierten Bandes teilt sich
in 24 Seiten, die rückwärtig im Wendebuch beginnen. Um den 24seitigen mittleren
Bildteil zu betrachten, muß der Band gedreht werden. Englischsprachiger Teil
und Bildteil sind dann zusammenhängend. Des weiteren unterteilt sich der Band in Kapitel, die sich
mit Ground Zero als den Ort des Geschehens befassen, Prozess wie
öffentlicher Prozess sowie Strukturen, Kritik und Nachtrag beinhalten.
Der Bildteil zeigt Luftaufnahmen von der Baustelle am Ground Zero in
s/w. Die nächste Seite nimmt sich der Memorials zum Andenken an die
Opfer vom 11. September 2001 an. Grafiken und Mindmapping
veranschaulichen das WTC Gelände. Diagramme verdeutlichen Hierarchien,
die im Zusammenhang stehen. Schematische Straßenverzeichnisse um den
Block des Gebäudes zeigen die genaue Lage. Ein zweiseitiges Protokoll
aus einem Diskussionsforum wurde wie zum Beweis abgedruckt.
Es folgt eine Definition des Wiederaufbaus, wobei es grundlegende
Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Städten gibt. Ein
Hinweis erwähnt die Entwicklung im amerikanischen Städtebau mit
fließenden Übergängen. Denn es gab keine gravierenden Zerstörungen durch
Kriege, wie das in Europa der Fall ist. Faulhaber zieht den Vergleich
zum Berliner Stadtschloss, einer symbolträchtigen Kulisse. Letztlich
bliebe es aber eine Sache des Geschmacks, was und welche Utopie den
Vorrang bekommt.
Der Autor nimmt seine Suche nach der genuinen
Bildlogik auf, wie dies aus dem Anschlag in New York resultierte. Sowohl die kulturelle wie die geschichtliche Einordnung
werden betrachtet. Im amerikanischen Verständnis ist das verblassende Bild der
Erinnerung zur Ikone geworden. Durch die Entfernung eines konkreten
Kontextes wird diese immer mehr zur Chiffre, mit der sich Glaube und
Stolz der amerikanischen Nation verbinden.
Ground Zero ist der
Bodennullpunkt, was die Explosionsstelle einer Bombe bezeichnet. Seit
dem 11. September 2001 steht der Begriff auch für das zerstörte World Trade
Center. Der Autor wird konkret, indem er schon die Aufräumarbeiten als
Grundlage für die Errichtung der Zukunft sieht.
Fragen der Planung werden zurückgestellt zugunsten einer Arbeit im
Kleinen, indem sich Öffentlichkeit beteiligt und organisiert. Auf der
Basis vielfältiger Eigeninitiativen werden Wege gesucht, sich zu
beschreiben und zu definieren. Der öffentliche Prozess kann viele Antworten
auf offene Fragen geben. Wobei viele Einzelschicksale und die
Identifizierung der gefundenen Leichenteile immer noch Probleme bei
der Aufarbeitung bereiten. Faulhaber meint nur, die komplizierte Struktur
der Gesellschaft die sich gebildet habe, gleiche mittlerweile einer
Behörde.
Der Wiederaufbau von Lower Manhattan gilt als das größte
Projekt in den Vereinigten Staaten in den nächsten Jahren. Die
Eigentumsverhältnisse sind kompliziert, die Versicherungssummen die nach
dem Anschlag abgerufen werden, sind hoch. Eine Behauptung deklariert ein
Attentat mit zwei Flugzeugen, andere gehen von zwei Attentaten
mit jeweils einem Flugzeug aus, was die auszuzahlende Versicherungssumme
verdoppeln würde.
Faulhaber entschlüsselt die internationale Kritik am
Unglück und bemängelt das Fehlen einer eigenen Debatte, die sich mit
der weltpolitischen Einordnung und einer selbstkritischen
Ursachenforschung beschäftigt. Das führt zur Erkenntnis und dem
Paradoxon zwischen Wiederaufbau in Lower Manhattan und den
Auseinandersetzungen in Afghanistan.
Eigene Beobachtungen des Autors zeigen, niemand ist von diesem Prozeß
ausgeschlossen, aber es mangelt an Konzepten die Weltöffentlichkeit zu
integrieren. Die Amerikaner allein wollen dies nicht aufdecken. Es gibt
nach Faulhaber zwei Lesarten der kritischen Auseinandersetzung. Die eine
vermutet eine Therapie um posttraumatische Schrecken zu verarbeiten.
Die andere vermutet eine Form des politischen Theaters, indem Akteure
der Freiwilligkeit von Interessen der Mächtigen gesteuert werden.
Schließlich gibt es eine dritte, sozialphilosophische Diskussion, die
den Zusammenhang zwischen public process und common good
sieht.
Fazit: heute präsentiert sich das Gelände des World
Trade Centers als Flickenteppich verschiedener Ansprüche und Einflüsse.
Dazu zählt auch die Einrichtung eines Islamic Centers. Bei der
Errichtung des Neubaus wurden zahlreiche weltbekannte Architekten
einbezogen, um weit reichende symbolische Strahlkraft zu erreichen. Dazu
zählen Daniel Libeskind, Norman Foster, Frank Gehry und Santiago
Calatrava.
Faulhaber missversteht dies als Täuschung des Betrachters,
weil in Wirklichkeit das Mitbestimmungsrecht der Öffentlichkeit gefragt
sei, welches ins Hintertreffen gerate bei der Ansammlung an Namen
bekannter Architekten. Allerdings ist Amerika nicht gleich mit
europäischen Maßstäben zu sehen. Ein amerikanisches Volk lässt sich viel
stärker durch Idole dynamisieren, als dies in einem tendenziell
historisch geprägten Europa der Fall ist. Faulhabers Anspruch endet mit
dem Hinweis, nur wer genau hinschaut, kann die Öffentlichkeit in den
Texten der gebauten Architektur auch wiederfinden.
Die Veröffentlichung der 2.
Auflage stand im Zusammenhang mit der Ausstellung: "Playing the City 2"
mit 23 Kunstaktionen in 20 Tagen, die in der Schirn
Kunsthalle Frankfurt vom 8. - 26. September 2010 lief.
New York NY 10047/48
von Christoph Faulhaber
Edition Young Art, Kerber Verlag, Bielefeld
2. Auflage (September 2010)
zweisprachig: Englisch-Deutsch
75 Seiten, broschiert
ISBN: 978-3866784543
Größe: 21,8 x 16,8 x 0,6 cm
Gewicht: 250g |
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Eine Zeitungsseite aus der New York Times mit der
Überschrift: "A Mournful Task Is Ending at Ground Zero,
Forever Unfinished", vom Freitag, den 3. Mai 2002 in der
Ausstellung: Playing the City 2, Foto: Maass |
Christoph Faulhaber (*1972 in Osnabrück) studierte Architektur und
freie Kunst in Hamburg. Nach den Anschlägen auf das WTC am 11. September
2001 verbrachte der Künstler mehrere Monate in New York und beobachtete
die breite öffentliche Diskussion um eine neue Nutzung des Areals, an
der sich neben Medien auch 1.200 Gruppierungen und Bürgerinitiativen
beteiligten. Im Februar 2003 wurde der Bebauungsentwurf des Architekten
Daniel Libeskind schließlich nominiert. Christoph Faulhaber beschreibt
die Diskussion sowohl aus der Distanz der politischen und
wirtschaftlichen Verflechtungen, als auch aus einer gewissen Nahsicht
als Mitglied der Gruppierung New York New Visions, die sich aktiv
an der Diskussion um eine neue Nutzung beteiligte.